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Bindeglied und Rückgrat

© Florian Lechner

Der Campus Technik Lienz von fasch&fuchs Architekten ist eine 280 Tonnen schwere Fachwerkkonstruktion aus Stahl. Die Fachwerkträger mit bis zu 17 Metern Spannweite tragen die Fassadenfachwerke.

Auf einem sehr schmalen Grundstück an der Uferpromenade von Lienz, nördlich der Isel, steht ein schmaler, schwebender Baukörper. Es handelt sich um den 2018 eröffneten Campus Technik Lienz, der das universitäre Bachelorstudium Mechatronik, die Privat-HTL und die Tiroler Fachberufsschule unter einem Dach vereint.

Geplant wurde der Bau vom Wiener Architekturbüro fasch&fuchs gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Werkraum. Sie gewannen 2016 den Wettbewerb, weil der Entwurf, so die Jury, die Enge des Bauplatzes gekonnt nutzt. Der zweigeschoßige Campus stellt den neuen Mittelpunkt aller vier künftigen Schulen dar, die Brücken zu den Bestandsbauten verbinden alle Bereiche miteinander. So bildet der über 155 Meter lange Baukörper zugleich ein Bindeglied und das Rückgrat des Campus.

Das Gebäude ist so positioniert, dass ein Freiraum mit klar definierter Orientierung entsteht. Die leichte Erhöhung über der Garage und die Positionierung des Eingangsbereiches markieren den zentralen Platz des Campus. Die Aula des Campus kann zu den Freibereichen nach Süden und zum Schulplatz geöffnet werden. Der zweigeschoßige verglaste Bereich der gemeinsam genutzten Räume – Aula, Essbereich, Buffet, das Labor Maschinenbau und die im darüber liegenden Geschoß situierten Hörsäle mit dem Lernzentrum – bildet eine großzügige Lernlandschaft. Ergänzt wird diese klare räumliche Sprache durch eine farbige, auf den Bau abgestimmte Innenraumgestaltung, die eine freundliche Studieratmosphäre schafft.

 

Stahlfachwerk
Der schmale, auf Stützen ruhende Baukörper des Obergeschoßes ist eine 280 Tonnen schwere Fachwerkkonstruktion aus runden, schlanken Stahlrohren, die die großen Spannweiten mit Leichtigkeit überwindet. Die feingliedrige und leichte Stahlkonstruktion sitzt auf Stahlstützen und überbrückt die Freiräume elegant und schafft optische wie räumliche Durchlässigkeiten. Im Obergeschoß sind die Fachwerke in Gebäudequerrichtung angeordnet. Sie bilden die primäre Tragstruktur für die beiden Geschoßdecken, die Querfachwerke holen deren Lasten ab und leiten sie in die Stützen des Erdgeschoßes weiter, die in allen Bereichen hinter die Fassaden des Obergeschoßes zurückversetzt sind. Die Fachwerkträger reichen jeweils bis an die beiden Längsfassaden heran und tragen dort die Fassadenfachwerke, die im Obergeschoß das gesamte Bauwerk umlaufen.

Die Gurten und diagonalen Streben der Fachwerkträger, vor denen die Pfosten-Riegel-Glasfassade verläuft, sind als bewusstes architektonisches Element sichtbar und weiß gestrichen. Die Lehrräume, die durch das konstruktive Stahlfachwerk strukturiet sind, ordnen sich entlang eines offenen Ganges einsehbar an. Für Boden und Decke kamen Stahlbeton-Hohldielen mit bis zu 17 Metern Spannweite zum Einsatz, die zwischen den geschoßhohen Fachwerken an den beiden Längsseiten des Baukörpers gespannt und ausbetoniert sind. Der Erdgeschoßbereich wird von einer vollflächigen Verglasung mit feingliedrigen Rahmen gebildet. Die Fassade des aufgeständerten Obergeschoßes ist mit Holzlamellen verkleidet.

Projekt
Campus Technik Lienz Linker Iselweg 21, Lienz/Osttirol

Bauherr
Amt d. Tiroler Landesregierung

Architektur
fasch&fuchs architekten, Wien, faschundfuchs.com

Statik
Werkraum Ingenieure ZT-GmbH, Wien, werkraum.com

Bauphysik
EXIKON arc&dev, Wien, exikon.at

Brandschutz
IHW Ingenieurbüro Huber, Weiler

Materialien
Stahlbeton, Glas, Holz, Stahl, Metall

Projektdaten
Grundstücksfläche: 11.073 m²
Bruttogeschoßfläche: 3225 m²
Bebaute Fläche: 2340 m²
Nutzfläche: 1800 m²

Projektablauf
Wettbewerb 2016
Baubeginn 11/2016
Fertigstellung 02/2018

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