Energiegeladene „Bus-Garage“ für gutes Klima
Mit dem Sieg des Grazer Architekten Christoph Gradauer endete der EU-weite Wettbewerb für den Neubau eines Busbetriebshofs in der Hedwig-Katschinka-Straße, wo die Holding Graz eine neue emissionsfreie bzw. „saubere“ Busflotte unterbringen kann.
Auf dem einstigen Industriegelände der Grazer Puchwerke in der Hedwig-Katschinka-Straße soll nachhaltige Mobilität der Zukunft Platz finden. Auf dem 22.000 m2 großen Gelände zwischen der Lagergasse bzw. der Mur im Osten und der Hedwig-Katschinka-Straße im Westen plant die Holding Graz – Kommunale Dienstleistungen GmbH einen neuen Busbetriebshof, wo die Fahrzeuge einer dekarbonisierten Busflotte untergebracht sein sollen. Beabsichtigt die Stadt Graz doch schrittweise die Fahrzeuge auf alternative Antriebe umzustellen. Außerdem ist der derzeitige Busbetriebshof in der Kärntner Straße mit 173 Bussen ausgelastet und bietet kein ausreichendes Potenzial für einen weiteren Ausbau.
Damit der Bau an diesem zweiten Standort nicht nur funktionell, sondern auch architektonisch und energietechnisch auf höchstem Niveau ist, wurde vom Referat Hochbau der Grazer Stadtbaudirektion ein EU-weiter, offener und anonymer Wettbewerb für ein Vorentwurfskonzept ausgeschrieben. Von 17 eingereichten und bewerteten Projekten hat sich die hochkarätig besetzte Jury unter dem Vorsitz von Roger Riewe von der Kammer für Ziviltechniker:innen für Steiermark und Kärnten für einen Entwurf eines jungen Grazer Büros entschieden: Architekt Christoph Gradauer konnte die zahlreichen Anforderungen an das Projekt am besten mit hochwertiger Architektur und praxistauglichen Lösungen verbinden. Besonders lobte das Preisgericht „die formal sachliche und geradlinige Formensprache, die in überzeugender Weise ein gestalterisch ansprechendes Ensemble ergibt und auf die Außenwirkung zur Murpromenade Bedacht nimmt.“
Der öffentliche Verkehr ist ein maßgeblicher Hebel für eine klimafreundliche Stadt. Der Entwurf für den Neubau des Busbetriebshofs bietet der neuen klimafreundlichen Busflotte ein adäquates Zuhause: Solarenergie durch Photovoltaik vor Ort, recycelbare Materialien, nachwachsende Baustoffe, ein Gründach, eine kompakte Bauweise und ein bedeutender Grünflächenanteil von mindestens einem Viertel der Grundstücksfläche sprechen eine deutliche Sprache.
Der neue Busbetriebshof ist so geplant, dass die technische Infrastruktur sowohl für elektro- und wasserstoffbetriebene als auch für diesel-, bzw. e-fuelbetriebene Fahrzeuge geschaffen werden kann – durch separate Module auch Schritt für Schritt bzw. je nach Anforderung. Der Entwurf ist flexibel und berücksichtigt eine variable Konzeption, die die Möglichkeit bietet, unterschiedliche emissionsfreie Antriebssysteme betreiben zu können, ohne sich jetzt schon auf eine Technologie festlegen zu müssen.
Er schafft Platz für rund 90 Busse, die wiederum dafür sorgen können, dass der öffentliche Verkehr in der Stadt Graz weiter auf die Überholspur kommt. Zudem ist die Aufteilung der Module wie Fahrfertigmachung der Fahrzeuge auf dem Gelände, die Verwaltungs- und Personalräume oder die Carports samt notwendiger Infrastruktur perfekt gelöst. Das Wettbewerbsergebnis besticht vor allem durch seine städtebauliche Qualität. Es zeigt, dass gelebte Baukultur auch im Gewerbegebiet möglich ist. Der Siegerentwurf ist nicht nur funktionell, er fügt sich auch gut in die Umgebung ein und nimmt sich zugunsten der Grünflächen besonders Richtung Mur zurück.
Zahlen und Fakten
Rund 22.000 m2 umfasst das Gelände an der Hedwig-Katschinka-Straße, das früher als Industriestandort genutzt wurde. Die Nutzfläche beträgt 11.000 m2. Mindestens 25 Prozent des Grundstücks bleiben Grünfläche. Insgesamt 92 Busse, davon 78 Busse in Carports, werden Platz finden. Infrastrukturaufbau ist technologieoffen und modular möglich.
Der laufende Busbetrieb bleibt uneingeschränkt von Baumaßnahmen. Die kalkulierten Errichtungskosten für die ersten beiden Bauabschnitte betragen ca. 38,6 Mio. Euro bzw. ca. 33,6 Mio. Euro (ohne Reserven). Das Projekt ist nach KNBS (klimafreundlichen und nachhaltigen Baustandards) geplant.
Das Projekt kann in verschiedenen Bauabschnitten realisiert werden. Mögliche Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts: Ende 2027. Alle relevanten Fachabteilungen der Stadt (Grünraum, Stadtplanung, Straßenamt, Verkehrsplanung) wurden miteinbezogen sowie eine Vorabstimmung durch die Bau- und Anlagenbehörde durchgeführt.
Projektbeurteilung (Auszug Juryprot.)
Der Entwurf sieht eine Setzung klar zugeschnittener und der Funktion nach in ihrer Ausdehnung optimierter Baukörper am Grundstück vor. Mit der Gliederung der einzelnen Gebäude werden eine interne Erschließungsstraße von Nord nach Süd sowie ein zentraler Betriebshof gebildet. Alle Zu- und Abfahrten werden über die NW-Ecke abgewickelt. In der Formulierung der Bauten kommt eine formal sachliche Haltung zum Ausdruck, die in der Materialisierung in überzeugender Weise ein gestalterisch ansprechendes Ensemble ergibt. Die funktionalen Abläufe folgen den Inhalten der Machbarkeitsstudie, wobei sich durch die gewählte Verteilung der Baumassen ein zusätzliches Angebot ergibt: der zentrale Betriebshof und die Positionierung der FFM-Halle als quer organisiertes Gebäude, in dem alle Arbeitsbereiche unabhängig voneinander anfahrbar sind.
Das Projekt vereint in überzeugender Art und Weise einen gelungenen städtebaulichen Entwurf und eine funktionale Lösung, in der die erforderlichen Abläufe sowie die Abfolge der einzelnen Bauabschnitte des Busbetriebshofs gegenüber der Studie optimiert werden. Auf die Außenwirkung zur Murpromenade wird ebenso Bedacht genommen wie auf eine adäquate Adressbildung an der Hedwig-Katschinka-Straße.
Insgesamt fügt sich das Areal in die umgebende Bebauungsstruktur gut ein und schafft eine ortsbildende Identität in einem heterogenen Umfeld. Die geradlinige Formensprache wird von der Jury positiv gesehen und der Bauaufgabe als angemessen erachtet. Das Raumprogramm ist in hohem Maße wirtschaftlich umgesetzt. Die Anordnung von ausschließlich oberirdischen Pkw-Stellplätzen ohne Nutzungsüberlagerung wird von der Jury kritisch gesehen.
Empfehlungen der Jury
Die oberirdische Parkierung soll zugunsten einer verbesserten Freiraumgestaltung verändert werden. Die notwendigen Pkw-Abstellplätze sollen nach Möglichkeit in einer Tiefgarage situiert werden.