351 Naturstein

Der gastfreundliche Baustoff

© LSD Gastronomiekonzepte
Buffetbereich und Schank im Restaurant Josef in Linz mit massiven Steinblöcken und spaltrauen Krustenplatten
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Seine technischen und optischen Vorzüge machen Naturstein zum vielseitigen Partner in der Gastronomie. Ob hinterleuchtete Wandbekleidung oder robuste Anrichte – mit dem geeigneten Stein entstehen dauerhafte Lösungen, die die Raumqualität steigern und sich wirtschaftlich rechnen.

Restaurants, Bars und Cafés spiegeln die Ansprüche und sich verändernden Gewohnheiten der Bevölkerung unmittelbar wider. Jüngstes Beispiel ist die Corona-­Krise. Während große Teile der klassischen Gastroszene unter dem Lockdown litten, erlebte der Lieferservice mit Onlinebestellung einen kometenhaften Aufstieg. Die Zubereitung erfolgt häufig in sogenannten Ghost-Kitchens ohne jeglichen Publikumsverkehr. Verglichen mit einem herkömmlichen Gastronomiebetrieb halten sich die Investitionen in Grenzen: Eine Website mit Zahlungsabwicklung, ein Lieferpartner und eine gute Prise Marketing via Social Media. Leer gehen dabei alle Gewerke aus, die darauf spezialisiert sind, dem Gast um die Nahrungsaufnahme herum ein physisches Gesamterlebnis zu bieten, wie Inneneinrichter, Architekten, Designer und Bauhandwerker. So lange sich das Arbeitsleben im Homeoffice abspielt, benötigt niemand einen Empfang, Gastraum, Barbereich oder Sanitärraum.

Wenig Grund zum Feiern hat auch die gehobene Gastronomie. Weil zahlungskräftige Touristen und Businessreisende ausbleiben, hängt deren Überleben von treuen Stammgästen ab. Um wenigstens diese zu halten, müssen Gastgeber den Spagat zwischen Kosteneffizienz und Besuchererlebnis in allen Bereichen schaffen. Experimente waren früher schon kaum drin und in der „neuen Normalität“ noch weniger. Folglich muss jede Investition gut überlegt sein, besonders bei raumfesten Ausstattungen.

Hoher Stellenwert von Stein
Stehen verschiedene Materialien für Böden, Theken und Wände zur Auswahl, gewinnt immer das bessere Gesamtpaket. Nicht in allen Anwendungen ist echter Stein wegen seiner von der Natur vorgegebenen Charakteristika der beste Werkstoff, und dennoch bewährt sich das Naturprodukt trotz der starken Konkurrenz aus der Baustoffindustrie sehr gut, erklärt Christian Lintschinger, Geschäftsführer der Firma L.S.D. Gastronomiekonzepte in Fischlham bei Wels. Der Trend zu Regionalität und Ehrlichkeit, der für die Herkunft der Lebensmittel und Zutaten gilt, lässt sich auch beim Innenausbau beobachten. Weil niemand Mogelpackungen mag, sind bei hochwertigen Projekten ehrliche Baustoffe gefragt. Das erklärt den hohen Stellenwert von Naturstein.

Großen Anteil daran hat die Oberflächenqualität von Stein, die sich aus den beiden Komponenten Funktionalität und Optik zusammensetzt. Gegenüber Holz zeichnet sich eine Fläche aus Naturstein beispielsweise durch eine geringere Fleckenbildung aus. Der zweite Faktor ist die Haptik. War früher eine hochglanzpolierte Fläche Synonym für Pflegeleichtigkeit, stehen matte Flächen hoch im Kurs. Die Begriffe dafür variieren je nach Steinlieferant: Gebräuchlich sind „gelederte“ Flächen, die durch die maschinelle Behandlung der Steinoberfläche mit rotierenden Nylonbürsten erzeugt werden. Während sich diese Oberflächen seidenmatt anfühlen, wirken durch Beflammen aufgeraute und anschließend durch Bürsten geglättete Flächen wegen der bewegteren Struktur robuster, wobei die Festigkeitswerte des Steins bei beiden Bearbeitungen unverändert sind.

Robust und sauber
In der Gastronomie zählen vor allem Robustheit und Hygiene. Generell eignet sich Naturstein überall dort, wo hohe Belastungen auftreten und wo häufig gereinigt wird. Bei Buffetbereichen, bei denen Gäste eine hohe Sauberkeit erwarten, bewährt sich Naturstein daher besonders gut. So auch bei Speisenausgaben. Hier ist laut Christian Lintschinger zu beachten, dass selbst ein robustes Gestein wie Granit bei extremen Punktbelastungen an seine Grenzen kommen kann. Dies gilt besonders beim Pass, also der Position, wo die fertigen Speisen aus der Küche für den Service bereitstehen. Während die Speisen von oben mit Wärmebrücken warmgehalten werden, befindet sich nicht selten direkt unterhalb der Steinplatte ein Kühlbereich. Die Spannungen, die diese punktuellen thermischen Belastungen von plus 80 bis minus 20 Grad Celsius in der Platte hervorrufen, müssen bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Wie die Erfahrung zeigt, schneiden hier Werkstoffe wie Quarzkomposit oder Keramik deutlich schlechter ab. Abhilfe bietet beispielsweise ein Ausschnitt in der Steinplatte mit einer Edelstahleinlage.

Interview.

Gut für Gast und Wirt
Naturstein trägt in der Gastronomie maßgeblich zu einem hochwertigen Ambiente bei, erläutert Rupert Pagitsch. Den Beweis tritt der Geschäftsführer eines auf den Trocken- und Innenausbau spezialisierten Bauunternehmens mit Hauptsitz in Tamsweg mit zahlreichen Bauprojekten an, bei denen Natursteine funktional und optisch brillieren.

Herr Pagitsch, welchen Stellenwert hat Naturstein für Sie?
Rupert Pagitsch: Naturstein hat einen sehr hohen Stellenwert, da er neben seiner positi­ven Materialeigenschaften, wie der langen Lebensdauer und Robustheit, auch eine einzigartige Optik und Atmosphäre schafft und zudem ein sehr ökologischer Baustoff ist.
 
In welchen Bereichen setzen Sie Naturstein ein?
Naturstein wird von uns sowohl zur Ge­staltung von Außenbereichen als auch im Innenbereich zur Schaffung eines einzig­artigen Raumklimas (Temperaturausgleich-­Speicher, Anm.) eingesetzt. Im Restaurant Gold­ader in Tamsweg wurden beispielsweise die Wände großzügig mit Naturstein verkleidet, um ein unverwechselbares und modernes Raumgefühl zu schaffen.

Wo funktioniert Naturstein gut, wo wählen Sie eher einen alternativen Werkstoff?
Naturstein funktioniert vor allem dann gut, wenn ein Projekt keine besonderen Anforderungen an Einheitlichkeit und strenge Farbgebung stellt, da beim Naturstein kein Stein dem anderen gleicht und es immer Unterschiede in der Farbe, Struktur etc. gibt. Künstliche Baustoffe, wie Fliesen oder Kunststeine, eignen sich für derartige Vorgaben besser. Zu beachten ist auch, dass Natursteine im Vergleich zu alternativen Werkstoffen eine relativ starke Unter­konstruktion erfordern.

Welche Anforderungen stellen Sie bei der Steinauswahl?
Die Steinauswahl erfolgt je nach Einsatzbereich individuell, wobei ein Auswahlkriterium der möglichst geringe Pflegeaufwand und eine qualitativ hochwertige Verarbeitung sind. Rutschfestigkeit im Bereich der Bodenbeläge ist ein weiteres Kriterium.

Wie hoch ist der Pflegeaufwand im Vergleich zu anderen Werkstoffen wie Keramik oder Holz?
Insgesamt ist der Pflegeaufwand beim Natur­stein in der Regel eher gering, da eine Reinigung mit Wasser oder Seife meist ausreicht. Im Außenbereich genügt der Dampfstrahler.

Nehmen Gäste Naturstein aktiv und bewusst wahr?
Rückmeldungen belegen, dass Gäste den Naturstein wegen seiner Materialität sehr bewusst und vor allem positiv wahrnehmen, besonders als Wand- und Fassadenbekleidung. Generell verbinden die Gäste mit Naturmaterialien im Interieur eine an­genehme Raumatmosphäre.

Ist Naturstein ein „vernünftiger“ oder eher ein „emotionaler“ Werkstoff?
Meiner Meinung nach ist Naturstein sowohl ein vernünftiger als auch ein emotionaler Werkstoff. Vernünftig in der Hinsicht, dass es sich hier um einen äußerst ökologischen Werkstoff handelt, der eine lange Lebensdauer aufweist und weniger Energie in der Herstellung und Weiterverarbeitung verbraucht als alternative Baustoffe. Emotional, weil durch den Einsatz von Naturstein in Bezug auf das Design eine wirklich individuelle Gestaltung eines Bereiches ermöglicht wird.

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