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Die vielen Gesichter eines Hauses

© Jeroen Verrecht
Fassade mit Sichtziegel
© Jeroen Verrecht

Die Fassade (vom lateinischen facies – Gesicht) ist ein gestalteter Teil der sichtbaren Hülle oder die Außenhaut eines Gebäudes. Einerseits ist sie gestalterisches Element, andererseits muss sie viele Jahrzehnte lang Schlagregen, Sturm, Kälte und Hitze standhalten und die Bausubstanz schützen.

Eine Fassade muss Temperaturschwankungen zwischen -20 °C und +60 °C sowie mechanischen Einwirkungen ohne Rissbildung standhalten. Sie muss winddicht sein, damit das Haus nicht zusätzlich Wärme abgibt. Schließlich sollte eine Fassade die Wärmeverluste durch das Mauerwerk stark reduzieren. Damit Feuchtigkeit rasch austrocknen kann und ein behagliches Wohnklima zustande kommt, muss die Fassade nach außen dampfdiffusionsoffen sein. Es gibt Lochfassaden – Putzfassaden, Wärmedämmverbundsysteme, Klinkerfassaden – und Vorhangfassaden – Holz-, Glas- und Metallfassaden. Im Einfamilienhausbereich kommt meistens die Lochfassade, eine Außenwand mit Fenster- und Türöffnungen, zur Anwendung.  

Putzfassaden
Der Verputz ist ein seit Jahrtausenden bewährter Schutz für das Mauerwerk. Wesentliches Unter­scheidungskriterium der Putze ist das jeweilige Bindemittel. Es gibt mineralische, anorganische Bindemittel wie Kalk, Zement, Silikat oder Lehm und organische Bindemittel wie Kunstharz oder Gips. Kalkputze sorgen aufgrund guter Wasser­dampfdiffusionsfähigkeit für ein angenehmes Wohnklima. Ein Kalkzementputz ist sehr hart und kann wasserundurchlässig und frostsicher ausgeführt werden. Typisches Einsatzgebiet ist daher die Kellerwand sowie der Sockelbereich. Lehmputze kommen aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegen Feuchte als Oberputz im Außen­bereich selten zum Einsatz und auch Gipsputze spielen eine untergeordnete Rolle.

Wärmedämmverbundsysteme (WDVS)
Außenwand-Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) eignen sich für Neubauten ebenso wie für Altbauten. Das WDVS besteht aus Dämmplatten, meist aus Hartschaum und mindestens 80 Millimeter dick, die direkt auf die Mauern geklebt oder gedübelt werden. Anschließend kommen Unterputz inklusive Bewehrung und Putzgrund dazu. Zum Schluss wird mineralischer Kunstharz- oder Dispersionsputz aufgetragen, der die Dämmung schützt.

Wärmedämmverbundsysteme aus EPS
Die Fassadendämmplatte aus expandiertem Polystyrol-­Hartschaum (EPS), umgangssprachlich Styropor, ist zweifelsohne der Klassiker für WDVS. Aufgrund des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses und der angenehmen Handhabung kommt EPS seit Jahrzehnten am häufigsten zur Anwendung.

WDVS aus Steinwolle
Steinwolle ist ein mineralischer Dämmstoff, der zu über 90 Prozent aus geschmolzenem Gestein vulkanischen Ursprungs besteht. Durch die mineralische Basis der Steinwolle ist vollständiges Recycling möglich. Die Putzträgerplatte aus Steinwolle ist der diffusionsoffenste Dämmstoff für Fassaden und außerdem nicht brennbar. Mineralische Wärme­dämm­verbundsysteme bieten außerdem Schutz gegen Algen.

Vorhangfassade
Vor allem im Bereich der Sanierung ist die Vorhangfassade von Bedeutung. Dabei wird auf eine bestehende verputzte Fassade eine Unterkonstruktion aus Holz oder Metall montiert. Diese wird gedämmt und mit einer dampfdiffusionsoffenen Winddichtung versehen. In einem gewissen Abstand, der Hinterlüftungsebene, werden dann Platten aus Holzwerkstoff, Kunststoff, Verbundplatten oder Metall montiert.

Zweischalige Fassaden
Zweischalige Wandaufbauten bestehen aus zwei separaten Wänden, die nebeneinander gemauert und mit Drahtankern verbunden werden. Die Wärmedämmung wird auf der hinteren Mauerschale aufgebracht und abgedichtet. Die Vormauerschale aus frostbeständigen Mauersteinen dient dem Schlagregenschutz und kann durchaus feucht werden. Feuchtigkeit (in der Mauer wie auch freies Wasser) trocknet aufgrund der Hinterlüftung zwischen den Schalen ab, eindringendes Wasser wird am Fußpunkt entwässert. Die Schale kann aus Klinker, Vormauerziegeln, Kalksandsteinen oder Natursteinen mit einer Dicke von 9 bis 11,5 Zenti­metern vorgemauert werden.

Klinker
Klinkerziegelfassaden sind vor allem in Nord- und Nord­osteuropa sehr gebräuchlich. In diesen Gegenden konnte sich die Putzfassade aufgrund der salzhaltigen Meeresluft, die den Putz angreift, nicht durchsetzen. Die Klinkersteine sind hart gebrannt und damit im Gegensatz zu herkömmlichen Ziegeln nicht porös und wasserabweisend. Eine Klinkerfassade bietet somit Schutz gegen Umwelt- und Witterungseinflüsse und ist nahezu wartungsfrei und langlebig. Minimale Far­babweichungen der Klinkerziegel erzeugen aus jedem Blickwinkel interessante Kontraste. Dank dem mehrschaligen Konstruktionsprinzip bleiben die Wandschalen voneinander getrennt und sind daher später leicht recycelbar.

Natursteinfassaden
Anstelle von Klinker können auch Natur­steine als Außenverkleidung einer zwei­schaligen Fassade verwendet werden. Auch sie sind dauerhaft und pflegeleicht und nur mit geringen Instandhaltungsaufwendungen verbunden. Eine hinterlüftete Naturstein­fassade besteht aus einer Betonwand mit außen liegender Wärmedämmung. Die Naturstein­platten sind so an der Betonwand befestigt, dass zwischen Stein und Dämmung ein Zwischenraum besteht, in dem die Luft zirkulieren kann. Nach der Nutzungsphase werden diese beiden Materialien mehrheitlich als Bauschutt wiederauf­bereitet und der Stein etwa als Kies verwendet. Damit zeigt sich, dass die Natursteinfassade in der Gesamtlebenszyklusbetrachtung geringe ökologische Belastungen bewirkt. 

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