Lösungsansatz
Denkansätze, deren Überzeugung auch für Österreich ansteckend sein könnten. Aber zurück zum Neubau. Im oberösterreichischen Vorchdorf hat die Etzi-Group ein nachhaltiges Einfamilienhausmodell entwickelt, das nicht nur per se nachhaltig und energieeffizient ist, sondern auch auf eine flächenoptimierte Bebauung achtet. Sauberer Storm aus Photovoltaik und neue Energietechnologien gehören ebenso dazu wie langlebige Produkte und heimische Wertschöpfung aus der Region. Doch es geht noch weiter: Die Wohnanlagen, die beispielsweise Regenwasser für Gartenbewässerung, WC-Spülung und Wäschewaschen vorsehen und sich für E-Mobilität bestens vorbereiten, achten etwa mit einem Ringstraßensystem und einem Carsharing-Angebot darauf, dass möglichst wenige Flächen versiegelt werden. Begrünte Dächer sowie Retentionsbecken oder Sickermulden sorgen für Lebensraum für Insekten und Bienen sowie Brutstätten für Vögel (siehe Kasten unten). Auf diese Weise wird hier engagiert versucht, zwischen menschlichem Wohnraum und Natur die Balance zu halten.
Auf Gesamtenergieeffizienz im Jahreszyklus, saubere Solarenergie und erneuerbare Energietechnologien, gesunden Boden, Biodiversität und langlebige wiederverwertbare Produkte mit Fokus auf Regionalität und Kreislaufwirtschaft setzt auch die Initiative Brick Bauhaus 2050 vom Verein zur Förderung des klimaneutralen Bauens in Österreich. In enger Zusammenarbeit mit Experten für Bau- und Energietechnik werden Lösungen für klimaneutrale Gebäude unter Betrachtung des gesamten Lebenszyklus und anhand der Bedürfnisse der jeweiligen Akteure erarbeitet. Maßgeblich begleitet wurde diese Initiative des IBRI, dem Institute of Building Research & Innovation. Senior Researcher Philipp Stern erklärt die Zukunftsszenarien für Baustoffe anhand des Ziegelhauses 2050: „In diesem Projekt schaffen wir die Grundlagen für zukunftsorientierte Ziegelbauten. Mit den drei Nachhaltigkeitszielen Ökonomie, Ökologie und soziale Nachhaltigkeit schauen wir, dass der Ziegel sein volles Nachhaltigkeitspotenzial ausschöpfen kann, um Gebäude zukunftsfit zu machen. Wir haben dazu jeweils drei Ziegelqualitäten definiert – es geht darum, den Baustoff in die Zukunft mitzunehmen. Damit das gelingen kann, ist es wichtig, mit Menschen zu sprechen, die in der Ziegelproduktion tätig sind und den Ziegel weiterentwickeln können.“ In das Forschungsprojekt fließen sehr viele Ergebnisse aus anderen Forschungsprojekten des Instituts mit ein, etwa aus dem Projekt „Wie wir wohnen wollen“, da dieses sehr nah an der Planung dran ist. Daraus werden wieder neue Erkenntnisse geschöpft. Ein weiterer Schritt ist die Erstellung eines Musterkatalogs, der für Planung und Projekte genutzt werden kann. „Das bietet die Chance, die Themen, die wir schon seit mehreren Jahren behandeln, auch wirklich in die Realität umzusetzen. Zum Beispiel im Bereich der Klimaresilienz gibt es viele Maßnahmen und Technologien, die wir erforscht haben und jetzt zur Praxis bringen können. Dazu gehören unter anderem ventilative Nachtkühlung, Schutz der Artenvielfalt und Biodiversität – da gibt es ganz klare Kriterien, die wir für das Ziegelhaus 2050 definiert haben und die genau eingehalten werden müssen, damit es dann auch ein Ziegelhaus 2050 werden kann.“ Philipp Stern betont, dass es nicht nur am Material Ziegel festgemacht werden muss. Die Sache selbst zählt: Es soll am Ende ein gutes, zukunftsfähiges Haus entstehen.
Realitätsbezug
Sollte dennoch die Bereitschaft da sein, einem bestehenden Gebäude eine zweite Chance zu geben und damit einen wertvollen Beitrag zum Wertstoffkreislauf ohne neue Eingriffe in die Landschaft und im Sinne der Nachhaltigkeit leisten zu wollen, so empfiehlt sich die in Kooperation der ARGE Baugewerbe NÖ verfasste Studie zur Forcierung der thermisch-energetischen Sanierung von Einfamilienhäusern des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW). Darin enthalten ist ein Schlüssel für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors, der Mut macht, sich für eine Sanierung zu entscheiden. Mit dem vorgeschlagenen Projekt werden Barrieren analysiert, Strategien zu deren Überwindung entwickelt und Umsetzungsschritte angegangen.