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Es lebe der Sport

Hat es schon jemand bemerkt? In letzter Zeit häufen sich kritische Berichte im Vorfeld von Sport-Großveranstaltungen. Mit einem Mal werden Entscheidungen für Austragungsorte von olympischen Spielen und Fußballweltmeisterschaften hinterfragt, sind die Bedingungen, unter denen Sportstätten aus dem Boden gestampft werden, Thema. Wurde früher hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, dass Sportfunktionäre bei ihren Entscheidungen nicht ausschließlich von objektiven Kriterien geleitet sein könnten, wird deren Korruptionsanfälligkeit heute öffentlich und medial breit abgehandelt. Dabei kommen ihnen Reichtum und der Bedarf an Imagepolitur diverser autokratischer und autoritärer Staaten zugute, die bereit sind, alles zu tun, um den Zuschlag für einen Event zu erhalten.

Das inkludiert neben großzügigen Zuwendungen an Entscheidungsträger auch eine teilweise rücksichtslose Vorgangsweise bei der Umsetzung. Sotschi und Brasilien lassen grüßen. Bewohner werden zwangsenteignet oder umgesiedelt, Landschaftsräume werden ohne Rücksicht auf Verluste zerstört, wenn sie den geplanten Stadien und Sportlerquartieren im Weg sind. Und je größer die Sucht nach Image und je stärker der Größenwahn, desto monumentaler fallen die Designs der modernen Tempel aus. Katar als heißer Austragungsort der – traditionell im Sommer stattfindenden – Fußball-WM 2022 ist da nur der vorläufig letzte Höhepunkt an Skurrilität. Dass dort selbst Menschenrechte und Menschenleben dem Größenwahn geopfert werden, lässt mittlerweile sogar FIFA-Boss Blatter vorsichtig andeuten, dass die Vergabe der Spiele an das Emirat am Persischen Golf vielleicht ein Fehler gewesen sein könnte.

Ein Widerruf des Zuschlags ist kaum vorstellbar – könnten doch zumindest jene FIFA-Funktionäre, die ihre Stimmen zum Kauf angeboten haben sollen, dann fürchten, von Katar mit Rückzahlungsforderungen konfrontiert zu werden.

Familiäre Verbindungen

Sportliche Großmannsucht und deren Folgen lassen sich sogar in Österreich nicht verleugnen. Für den damaligen Kärntner Landeshauptmann konnte das Wörthersee Stadion als Austragungsort der Fußballeuropameisterschaft 2008 nicht groß genug sein. Abgesehen davon, dass es nunmehr seit Jahren praktisch leer steht, hat die Unterordnung der Architektur als Subunternehmen eines heimischen Baukonzerns als Generalübernehmer für Verstimmung unter Architekten und Vergaberechtsexperten gesorgt. Nun scheint sich ein solches Szenario beim geplanten Bau des Rapid-Stadions in Wien zu wiederholen: Ein Baukonzern als Totalunternehmer, kein Gestaltungswettbewerb und keine öffentliche Ausschreibung – rein rechtlich in Ordnung, weil der Anteil der öffentlichen Förderungen etwas weniger als die Hälfte der Errichtungskosten ausmacht. Und dass der Präsident des Fußballvereins und ein Vorstandsmitglied des ausführenden Baukonzerns familiär eng miteinander verbunden sind, hatte mit der Direktvergabe sicherlich nich tdas Geringste zu tun.

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