Weltweit wachsen die Städte. Bereits heute leben auf der Erde knapp acht Milliarden Menschen. Im Jahre 2050 werden es laut diverser Projektionen rund 9,7 Milliarden Menschen sein. Der größere Teil davon lebt dann in Wachstumsregionen wie Asien, Lateinamerika sowie auf dem afrikanischen Kontinent. Und das Gros der Menschen wird nach diesen Schätzungen in Städten wohnen. In den kommenden Jahren wird es auf der Erde rund 600 Millionenstädte geben, viele davon in Asien. Dies stellt nicht nur die Architektur vor enorme Herausforderungen. Vor allem dem Werkstoff Glas kommt hier als Baustoff eine hohe Bedeutung zu. Aber die Gläser müssen multifunktional sein.
Wenn Städte wachsen, dann schießen Häuser in die Höhe. Trotz hoher Standards in Zeiten der Globalisierung– Stichwort Green Building – dürfen aber die Baukosten nicht aus dem Ruder laufen. Großflächig eingesetzte Scheiben oder Glasfassaden bieten hier enorme Möglichkeiten, denn es lassen sich in Kombination mit dem Werkstoff Stahl teils sehr filigrane Formen für die Gebäudehülle realisieren. Glas bietet gleichzeitig multiple technische Funktionen. Egal ob Wärme-, Sonnen- oder Schallschutz, Designkomponente, Sicherheitsglas oder als Teil von Solaranlagen – für jede Anwendung bietet die Industrie passende Gläser mit individuell konfigurierbaren technischen Werten.
Neben dem Argument der Transparenz wird Glas auch zunehmend intelligent. Mit Einbindung in die Hausnetzwerke lassen sich interaktive Fassaden realisieren, die nach außen und innen wirken. Oder Gläser werden durch Anbindung an die Regeltechnik zur Medien- und Schaltzentrale, über die sich diverse Gebäudefunktionen steuern lassen. Neben dem Primärnutzen des Fensters werden von Architekten und Bauherren zunehmend anwendungsbezogene und bauphysikalische Lösungen verlangt. Meist sind es. Allgemein spricht man heute daher zunehmend von Funktionsfenstern und -fassaden.
Beispiele für innovatives Glas
Ein ganz wichtiges Thema in der Architektur mit Glas ist die besagte Energieeffizienz. Das Projekt „cube berlin“ beispielsweise zeigt, wie sich innovative Architektur und Energieeffizienz perfekt miteinander koppeln lassen. Bei diesem Gebäude ist durch Verwendung einer hinterlüfteten Doppelfassade der Energieverbrauch geringer als bei herkömmlichen Bürogebäuden. Die Doppelfassade lässt nicht nur natürliches Tageslicht ein, sie bietet zugleich auch wirksamen Schutz vor solarem Wärmeeintrag und ermöglicht den Bewohnern eine natürliche Belüftung. Um eine übermäßige Aufheizung des Fassadenzwischenraumes zu vermeiden, wurden für die Außenhaut Sonnenschutzbeschichtungen und solarabsorbierende PVB-Folien verwendet. Eine Herausforderung waren die strukturellen Anforderungen an das Glas. Diese erforderten das Hinzufügen einer weiteren strukturell wirksamen Zwischenfolie, die mit der solarabsorbierenden PVB-Folie kompatibel sein musste. Durch Hinzufügen der zusätzlichen strukturell wirksamen Folie wurde die Kantenstabilität erhöht und zugleich das Risiko einer Delaminierung sowie der Vergilbungsindex verringert.
Aber Glas in der modernen Architektur kann natürlich noch viel mehr. Wenn niedrige Gewichte gefordert sind, kommt künftig häufiger Vakuum-Isolierglas ins Spiel, das aus zwei mindestens je drei Millimeter dicken Scheiben besteht, die jeweils eine hochisolierende Beschichtung erhalten und durch eine Vakuumschicht von 0,1 Millimeter voneinander getrennt sind. Dieses Glas dämmt mit einem Ug-Wert von 0,4 bis 0,7 W/(m²K) besser als eine Dreifach-Wärmedämmverglasung, wiegt aber ein Drittel weniger und ermöglicht schmalere Profile.
Selbstreinigendes Glas
Bei Hochhäusern spielt das Thema der Fenster- und Fassadenreinigung eine wichtige Rolle. Mit selbstreinigendem Glas lassen sich hier langfristig Kosten einsparen. Pyrolytische Spezialbeschichtungen machen die Verglasung äußerst langlebig und nutzen die UV-Strahlung, um organischen Schmutz innerhalb weniger Tage zu zersetzen. Beim nächsten Regen werden die Rückstände einfach abgespült.
Geht es um Sonnenschutz in großflächigen Fassaden, sind vor allem hochselektive Verglasungen gefragt, die möglichst viel Tageslicht ins Gebäude lassen, aber die Klimalast durch effektiven Sonnenschutz minimieren. Mehrfach silberbeschichtete Gläser lassen trotz starkem Sonnenschutz viel sichtbares Tageslicht in den Raum. Mit einem Ug-Wert von 1,0 W/(m2K) bei Zweifach- Isolierglas oder 0,5 W/(m2K) bei Dreifachaufbauten schützt solch eine Verglasung vor dem Auskühlen der Räume.
Um Tragfähigkeit und Durchbruchsicherheit geht es beim Verbundsicherheitsglas, das durch spezielle PVB-Folien bis zu hundert Mal belastbarer wird als bei Verwendung herkömmlicher Folien. Gleichzeitig wird die Eigenfarbe des Glaslaminats selbst bei dicken Aufbauten nicht verfälscht. Unter Last weist solch ein Produkt eine vergleichsweise geringe Glasbiegung auf, wodurch es insgesamt tragfähiger ist.
Transluzente, also blickdichte Gläser können Nutzer zwischen durchsichtig oder nicht durchsichtig wählen – egal ob im Innen- oder Außenbereich. Dieser Effekt lässt sich beliebig oft wiederholen, denn Flüssigkristalle, die sich in einer leitenden Schicht befinden, sorgen für den Wechsel. Sobald elektrische Spannung erzeugt wird, wechselt das Glas augenblicklich von opak zu transparent. Nach dem Ausschalten der Stromversorgung ordnen sich die Kristalle wieder neu und das Glaselement wird wieder opak.