Umweltaspekte schon auf Ebene des Architekturwettbewerbs einzubringen ist sinnvoll und machbar. Seit Langem ist ein Passus in der Wettbewerbsordnung
integriert, der die Möglichkeit zusichert, digitale Werkzeuge zu verwenden. „Solche Werkzeuge eignen sich hervorragend zur Ermittlung energierelevanter Parameter“, stellt Architekt Martin Treberspurg fest. Er beschäftigt sich schon seit den 1980er-Jahren mit der Frage, wie umweltgerechte Gebäude und Stadtplanung optimal zu bewerkstelligen seien. In zahlreichen Publikationen – darunter auch in diesem Magazin – hat er seine Empfehlungen und eigenen Erfahrungen nach Teilnahme an über 100 Wettbewerben und zahlreichen Jurytätigkeiten weitergegeben.
Wie steht es heute mit der Umsetzung von Erkenntnissen bezüglich Umweltfreundlichkeit? Welche Implikationen haben diese für Ausschreibungen? Gerade der Architekturwettbewerb, die Phase der Planung eignet sich ja optimal zum Herausfiltern desjenigen Projekts mit dem größten Potenzial für Energieeffizienz. Zu diesem Zeitpunkt lassen sich energierelevante Aspekte am wirksamsten integrieren.
Die Auslobung und die Vorprüfung könnten eine Verminderung der zu prüfenden Projekte sicherstellen. „Es braucht, auch bei großen, international ausgeschriebenen Bauvorhaben, nicht mehr als 30 Entwürfe“, sagt Martin Treberspurg und denkt etwa an eine Beschränkung der Teilnehmeranzahl durch Listen. Denn auch hier wird viel Potenzial vergeudet. Denkbar wäre etwa eine Mischung aus geladenem und offenem Wettbewerb, um auch Chancen für junge Büros zu garantieren, die noch wenige Referenzen vorzuweisen haben. Hier könnte die Expertise der Kammer eine Auswahl junger Büros treffen. Es gibt hier europäische Vorbilder, die zu analysieren wären.
Unabhängige Beurteilung
Konsequent wäre es, dann vor allem diejenigen Projekte weiterzuverfolgen, die durch nachvollziehbare, wertneutrale Kriterien ermittelt werden. „Es existieren neueste Technologien, genauer gesagt bauphysikalische und technische Programme, mit denen wertfrei Ergebnisse errechnet werden können. Wertfrei bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Ergebnisse auf einer wissenschaftlichen Basis stehen: Wie im wissenschaftlich anerkannten Experiment müssen gleiche Eingaben gleiche Ergebnisse erzielen und so transparent sein, dass sie nachvollziehbar sind“, meint Treberspurg. Die heute verfügbare Software wie ArchiCAD und CityCalc (ein Energieplanungs- und Analyseinstrument für den Städtebau) greift in ihrer Programmierung auch auf eine Menge statistischer Daten zurück, die ohnehin Bestandteil jedes Wettbewerbsprojekts sind, wie Nutzfläche, Rauminhalt etc. Die Implementierung auf Wettbewerbsebene und Anwendung auf eingereichte Projekte würde mit einem Zeitaufwand von ca. 2 Stunden hinreichende Genauigkeit zur Energieeffizienz liefern können. Treberspurg sieht einen solchen Einsatz vor allem bezüglich Städtebau und als Gegenmaßnahme zur Zersiedelung als Mittel der Wahl: „Österreich hat ein großes Problem bei der Raumplanung, das sich zum Teil aus dem föderalistischen System ergibt. Zu viele Kompetenzen laufen auseinander und es ist schwer, ein Gesamtbild zu erhalten. Bürgermeister sehen sich abhängig von Wählern und suchen Konsens mit Bürgern, die weiterhin Einfamilienhäuser statt verdichtete Bauweisen bevorzugen. Ein weiteres Beispiel: Es ist durch die Kommunalsteuer günstiger, Industriezentren außerhalb der Städte anzusiedeln, was zum Aussterben der Zentren und der hässlichen Schachtelverbauung außerhalb der Ortschaften führt.“