Projekte

Landschaft des Wissens

© Carla Lo
Die Höfe des ehemaligen Alten Allgemeinen Krankenhauses in Wien werden von Carla Lo neu gestaltet.
© Carla Lo

Carla Lo und ihr Team haben den Wettbewerb für die Neugestaltung der Freiflächen des Campus der Universität in Wien-Alsergrund gewonnen. Mit ihrem Entwurf verleiht die Planerin den alten Höfen mehr Identität und schafft eine Brücke zwischen Alt und Neu.

von: Barbara Kanzian

Öffentlich ausgeschriebene Wettbewerbe im Bereich Landschaftsarchitektur sind in Österreich selten. Umso erfreulicher, wenn dann doch ein Verfahren abgewickelt und ein Siegerprojekt gekürt wird. So hat die Universität Wien im Vorjahr einen offenen, zweistufigen Wettbewerb für die Neugestaltung der Grün- und Freiflächen des Campus ausgelobt. Landschaftsarchitektin Carla Lo erhielt gemeinsam mit ihrem Team den Zuschlag.

„Ein Erfolg, den wir alleine geschafft haben“, freut sich Carla Lo über das Ergebnis. „Oft arbeiten wir ja in unterschiedlichen Teams mit Architekten und anderen Planern zusammen. Mal sind die Architekten federführend, mal wir.“ Die Teilnahme an Wettbewerben ist für die Landschaftsarchitektin ein wesentlicher Teil, doch „leider gibt es sehr wenige in Österreich, die öffentlich ausgeschrieben werden“. Vor dem Campus gab es noch einige Wettbewerbe in der Seestadt Aspern, beispielsweise die „Straßen im Quartier am Seebogen“, fasst Lo die großen Bewerbe der letzten Jahre zusammen.

Über das Büro Carla Lo
Carla Lo und ihr Team arbeiten viel im geförderten Wohnbau, wo die Landschafts­architektur noch immer stärker vertreten ist als im freifinanzierten Wohnbau, weil es die Förderung so vorsieht. Aktuelle Wohnprojekte sind der Kapellen­hof (1220 Wien, mit AllesWirdGut, Feld 72 – siehe Bericht in dieser Ausgabe) oder Bauplätze im neuen Stadtquartier Berresgasse, „ein Projekt, das jetzt leider ruht“, so Lo. Neben Planungen von Parkanlagen für die Stadt Wien wie den Johann-
Nepomuk-Berger-Platz arbeitet Lo an einem Konzept für den Loquaiplatz und für den Vorplatz des Haus des Meeres.

Rücksicht auf den Bestand
Umso größer ihre Freude über den Gewinn des Wettbewerbs „Campus der Universität Wien“. Aufgabe ist es, die Grün- und Freiflächen der bestehenden Höfe unter Rücksicht auf den Bestand neu zu gestalten. Das 62.275 Quadratmeter große Areal mit dem ehemaligen, unter Joseph II. errichteten Allgemeinen Krankenhaus erstreckt sich von der Alserstraße im Süden bis zur Sensengasse im Norden, von der Spitalgasse im Westen bis zur Garnisongasse im Osten. Der Gebäude­komplex beherbergt zwölf Höfe.

In den 1990er-Jahren erfolgte der Umbau des Komplexes zum Universitätscampus. Weil der in Bau befindliche MedUni Campus Mariannengasse gegenüber dem Uni-Campus das gesamte Areal beleben wird, sind auch die unterschiedlichen Nutzungsfunktionen bei der Neugestaltung zu berücksichtigen: Der Campus ist einerseits ein öffentlicher Park; zum anderen dienen die Hofflächen Studenten und Arbeitenden als Aufenthaltsfläche. Mit dem zur Verfügung stehenden Budget von 3,5 Millionen Euro sollen die Sanierung, Bepflanzung, Möblierung, Beleuchtung, technische Infrastrukturmaßnahmen und allfällige bauliche Maßnahmen Realisierung finden.

„Wir haben relativ wenig Budget und müssen damit relativ weit kommen“, erklärt Carla Lo, die mit der Sanierung der historischen Höfe des Stiftes Kremsmünster Erfahrung in diesem Bereich vorweisen kann. Die bestehende Asphaltfläche wird aus Kostengründen in großen Bereichen beibehalten. Ergänzend dazu entsteht ein neuer multifunktionaler Belagrahmen, der als grüner Puffer, als Kommunikationsraum oder als Funktionsband Verwendung findet. Außerdem fasst er die einzelnen Höfe wie ein Passepartout ein, betont die Vielfalt im Inneren des Hofs und schafft zugleich auch eine Verbindung zu den Höfen untereinander.

Vom Stadtwald bis zum Grätzelgarten
„Jeder Hof hat eigentlich schon viel, für das er steht“, beschreibt Carla Lo die derzeitige Situation. Der zweite Hof hat beispielsweise einen sehr heterogenen Baumbestand und ein Denkmal von Joseph II. Der vierte Hof besitzt eine prächtige Kastanie und im Hof Nummer 3 wird bereits gegärtnert – diese Stärken werden in der Planung noch deutlicher herausgearbeitet. „Es geht darum, den Höfen Identität zu verleihen“, so Lo.

Hof 1 steht ganz im Zeichen der Kommunikation. Die charakteristische, klassische Parklandschaft wird als naturoffener Raum beibehalten. Der Schwerpunkt liegt hier auf den Randzonen, indem die Eingangsbereiche (auch im Osten zur neuen U-Bahn­Linie U5) eine groß­zügige Gestaltung erfahren. Als Dreh- und Angelpunkt zwischen Nord-Süd- und Ost-West-Achse wird Hof 2 intensiver umgestaltet: Hier entsteht das neue Zentrum der Hoflandschaften, ein nutzungsoffener Kommunikationsraum. Die Bestandsgehölze werden in Szene gesetzt, ein hochwertiger Plattenbelag schafft den Teppich für die Kommunikation und die von Carla Lo eigens entwickelten Möbel „Vielings“ ermöglichen Sitzen, Liegen, Lernen und Entspannen. Lernen unter den Baumkronen soll in Hof 3 möglich sein: Die vorhandene Grünstruktur wird ausgelichtet und mittels Hecken- und Grasbändern werden Lernnischen gebildet. Hof 4 erhält im Osten eine stärkere öffentliche Funktion. Unter den bestehenden Kastanien schafft ein Kiesplatz ein attraktives Entree.

Einer der kleinsten und grünsten Höfe ist Hof 5: Er wird in seiner bestehenden Qualität noch verdichtet. Ergänzende Baumpflanzungen im Zentrum und eine schattenverträgliche Unterpflanzung schaffen ruhige und kontemplative Bereiche.

Farbenfroher Garten
Ein Gräsermeer mit Stein prägt den Hof 6: Hier können neben Konzerten auch Diskussionen und Ausstellungen im Freiraum stattfinden. Die bestehende Kiesfläche wird – bis um den Bereich des Denkmals – durch eine Gräserinsel ergänzt. Hof 7 ist ein Ruheort und farbenfroher Garten. Die Rasenflächen werden zugunsten von großzügigen Stauden und Gräsermischpflanzungen zurückgebaut. Es entstehen ruhige Sitzmöglichkeiten im Blütenmeer zum Lernen und Lesen. Ruhige Lernhöfe bleiben die Höfe 8 und 9: Mit „Vielings“ erhalten die Rasenflächen eine optimale Nutzung, auch außerhalb der Sommermonate. Hof 10 wird als versunkener Hof durch eine großzügige Treppenanlage mit angrenzenden Grünstufen gestärkt. Diese ermöglichen, den Raum als Diskussionsforum für Veranstaltungen zu nutzen. Mit Grätzelgarten und Stadtnatur zeigt sich Hof 13 naturverbunden und wird durch naturnahe Sitzmöglichkeiten, Gehölzsäume entlang der ­Wege und standortgerechte Pflanzenauswahl darin gestärkt. Demnächst wird das Projekt den Campusmitarbeitern vorgestellt. Geplante Fertigstellung ist 2025, wobei die Realisierung vermutlich in drei bis vier Etappen umgesetzt werden soll. Und es wird dabei noch viele Diskussionen geben: „Aber im Moment läuft die Zusammenarbeit mit der Uni sehr professionell“, so Lo.

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