Während es für manche schier unmöglich scheint, auf nur etwa 20 Quadratmetern zu wohnen, sind andere von der Idee begeistert. Dahinter stehen aber nicht nur finanzielle Überlegungen, sondern auch die Sehnsucht nach einem überschaubaren, gemütlichen Zufluchtsort. In Europa sind die Anhänger des „Tiny House movement“ oft Menschen, die ein knappes Budget besitzen, aber trotzdem ein Haus ihr Eigen nennen wollen. Es gibt die Minihäuser in vielen verschiedenen Materialien und Formen. Manche haben Räder, andere sind fest mit dem Boden verbunden und wieder andere können sich auf dem Wasser bewegen. Cornelia Mayr hat sich für das Metalljournal bei den österreichischen Anbietern von Mikrohäusern aus Metall umgesehen. Sie fand Hausboote, vom Tiny-House-Virus infizierte Ingenieure und eine Menge Stahl.
Wasser marsch!
Am Jachthafen Wien-Kuchelau wartet auf einem Schwimmkörper aus Stahl ein Hausboot auf seinen Käufer. Das Mikrohaus mit eingebautem Mercury-Motor, der 260 PS stark ist, verfügt auf 36 Quadratmetern über alles, was man braucht: eine große Wohnküche, zwei voneinander getrennte Schlafräume, ein WC, eine Nasszelle. Für die Wasserversorgung steht eine Frischwasseranlage für Trinkwasser und eine Wasseraufbereitungsanlage für den Winterbetrieb zur Verfügung. Fäkalien werden in einem 2-m³-Edelstahltank gesammelt und regelmäßig abgepumpt. Fenster und Türen sind in starken Metallrahmen verankert und dreifach verglast.
Schlüsselfertige Module für den Wohnbau
„Wir haben unsere Metallbauerzeugnisse um die Tiny Houses erweitert“, erzählt Sascha Haas, Geschäftsführer Tech Metall Erzeugungs-, Handel und Montage GesmbH. Das Gerüst seiner Mikrohäuser besteht aus Stahl, die Wände außen sind aus Polyurethan (PU)-Paneelen. Vorteil dieser Fassade ist, dass sie wartungsfrei ist. „Bereits 2007 stellten wir auf Messen unseren ersten Prototypen aus, von dem alle begeistert waren“, erzählt Haas, der in vierter Generation im Schlossergewerbe arbeitet. Inzwischen konnten rund 150 Mikrohäuser und zwei Hausboote verkauft werden. Das Haas’sche Mikrohaus weist eine Innenfläche zwischen 20 und 50 Quadratmetern auf. Die Nettoraumhöhe beträgt 2,65 Meter. Die Außenmaße betragen beim größten in einem Stück gefertigten Modul 12,5 mal 4 Meter.
Große Hebeaufnahmen auf der Unterseite des Bodenaufbaus machen es möglich, das Tiny House auch an einen anderen Ort zu bringen. Eine große Betonplatte ist somit obsolet.
„Unser klassischer Kunde ist 45 plus, er will reduzieren, aber nicht auf Comfort verzichten“, sagt Haas. Für ein Mikrohaus müssten 1800 Euro pro Quadratmeter verbaute Fläche in schlüsselfertiger Ausführung gerechnet werden. Die Produktion dauert etwa vier Monate.
Wohnen im Container
Beinahe an jeder Straßenecke sind die blauen Containermodule von Containex aus Wiener Neudorf, Niederösterreich, zu sehen. Auch diese können problemlos in ein Minihaus verwandelt werden. „Unsere hochwertigen Büro- und Wohnmobile eignen sich hervorragend für die Planung und Errichtung von mobilen Wohnlösungen“, sagt Markus Schaden, Marketingchef bei Containex.
Stahl ist das Basisprodukt der Containerproduktion der Wiener Neudorfer Firma. Er hat die Fähigkeit, sich individuell verformen zu lassen, dadurch können mit minimalem Materialeinsatz technisch hochkomplexe Lösungen verwirklicht werden. „Die Preise können aufgrund der vielen Ausführungsvarianten sehr unterschiedlich sein. In der Basisversion kann mit einem Quadratmeterpreis ab 390 Euro gerechnet werden. www.containex.com
Klein, aber oho
Das österreichische Unternehmen Gatterbauer micro compact home production GmbH, mit Sitz in Uttendorf/Oberösterreich produziert laut eigenen Angaben die kleinsten komplett ausgestatteten Wohneinheiten der Welt. Die innovativen Wohnwürfel wurden von dem Londoner Architekten Richard Horden, Professor für Gebäudelehre und Produktentwicklung an der TU München und dem Architekturbüro Lydia Haack & John Höpfner entworfen und von dem österreichischen Unternehmen realisiert. „Im elterlichen Betrieb habe ich das Know-how und das Wissen um die Werkstoffe erlernt. Als ich dann in einer TV-Sendung von dieser neuen Wohnform hörte, musste ich einfach dabei sein“, erinnert sich Rupert Gatterbauer, Geschäftsführer der micro compact home production GmbH, an die Anfänge. Ein Jahr später stand der erste Prototyp in München. Weitere Anfragen und Projekte sind bereits in Planung.www.mikrohaus.com
Do-it-yourself-Minihaus
Baupläne für den Aus- und Umbau von Überseecontainern für Tiny Houses bietet Stefan Brandt seinen Kunden über das Internet an. Der Containerexperte, der in seinem Hauptberuf Geschäftsführer einer Recyclingfirma ist, gibt handwerklich Geschickten die Anleitung, in etwa zwei Wochen Seecontainer umzugestalten. Bisher verkaufte Brandt über 600 Stück Baupläne für den Aus- bzw. Umbau von Containern, die meist aus witterungsbeständigem Cortenstahl sind. Die Baupläne werden von Tiny-House-Fans aus der ganzen Welt geordert. „Dem Nachbauenden bleibt es bei Strom und Heizung überlassen, ob er eine autarke oder eine netzabhängige Lösung wählt“, führt Brandt aus. Er hat bereits beide Varianten umgesetzt. Das Tiny House im gebrauchten Container kostet im Selbstbau zwischen 12.000 und 20.000 Euro, je nach Ausstattung und Vorliebe des Bauherrn. www.pocketcontainer.de