Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis auch in kultureller Hinsicht die Monokulturen zum alten Eisen gehören würden. Nie war es klarer als jetzt, denn die Kunstszene hat sich selbst in eine multimediale Landschaft verwandelt, wo es in kaum einer Gattung möglich ist, an einer vordefinierten Richtung festzumachen. Die Übergänge der unterschiedlichen Genres sind fließend, die einzelnen Disziplinen wirken zusammen und werden als großes Ganzes wahrgenommen, konsumiert und vor allem genossen. Nichts liegt daher näher, als auch Kulturbauten dieser Pluralität zu unterwerfen und die verschiedensten Kunstströmungen unter einem Dach zu vereinen. Wobei das mit dem Dach nicht wörtlich zu nehmen ist.
In der Vorreiterrolle
Oberste Priorität hat die Flexibilität dieser Architektur, die auf vielfältige Weise bespielbar und benutzbar sein muss. Der Spagat, der dabei zu schaffen ist, ist ein großer, denn die Einladung muss an alle Menschen, egal welchen Alters, Herkunft, Geschlecht, Interesse, Bildungsgrad und physischer Verfassung, adressiert sein. Konzerte, Events, Ausstellungen – all das zieht Menschen an. Nicht umsonst gelten Kulturbauten als wichtige soziale Drehscheibe von Städten, die damit auch eine große gesellschaftliche Verantwortung in sich tragen. Einmal mehr gilt es zu inkludieren, zu begeistern, zu erfreuen und zu bilden – ein Angebot für jeden in der individuellen Dosis. Wie das funktionieren kann, zeigte bereits Architekt Oscar Niemeyer, der 2006 ein Kulturzentrum für die asturische Stadt Avilés entwarf. Auf einer künstlichen Insel rund um einen zentralen Platz gruppieren sich vier Gebäude aus weißem Beton, unterbrochen durch einige akzentuierende farbige Flächen, und – typisch Niemeyer – ganz wenigen rechten Winkeln: eine Konzerthalle, ein Ausstellungsgebäude, ein Aussichtsturm und ein Mehrzweckgebäude mit Konferenzräumen und einem Kinosaal. Das innovative Konzept, die organischen Formen und die offenen Räume der einzelnen Gebäude wecken seit der Fertigstellung erfolgreich das kulturelle Interesse der Stadt, die dadurch einen wirtschaftlichen Impuls bekommen hat.