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Wenn die Fortsetzung folgt

Alle Fotos: © Kurt Hörbst
Einfamilienhaus aus den 1920er-Jahren in zeitgenössischem Glanz
Alle Fotos: © Kurt Hörbst

Gebäude dürfen ihre Geschichte erzählen. Und man darf die einzelnen Kapitel auch erkennen, wie bei einem Einfamilienhaus aus den 1920er-Jahren, das wieder in neuem, zeitgenössischem Glanz erstrahlt.

von: Barbara Jahn

In den Jahren 1926 und 1927 entstand neben dem großräumigen Areal des Linzer Hauptbahnhofs unter der Leitung von Baumeister Karl Fischer und mit Ausführung der Baufirma Pirkl & Eysert eine Einfamilienhaussiedlung der Allgemeinen gemeinnützigen Siedlungs-, Bau- und Wohnungsgenossenschaft „Deutsches Haus“. Die kompakten, markanten Häuser der ehemaligen Arbeitersiedlung entlang der Hanusch­straße und Reuchlingstraße folgen vorwiegend einem einheitlichen Typus, der die gesamte Region prägte: Die kleinen Einfamilienhäuser hatten einen annähernd quadratischen Grundriss jeweils mit einem Erd- und Obergeschoß. Doch dieser gestalterische Gleichklang fand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Ende: Die Mehrzahl der Häuser wurde mehrfach adaptiert, umgebaut und dadurch manchmal mehr und manchmal weniger verändert. 

Mittendrin steht das Haus B, das ebenfalls ursprünglich als zweigeschoßiges Einfamilienhaus errichtet wurde. Ende der 1970er-Jahre begann eine unruhige Phase für das Haus: Erst wurde das Obergeschoß abgebrochen und lediglich das Unter- und Erdgeschoß bewohnt. Rund 30 Jahre später wechselte der Eigentürmer, der es Anfang der 2010er-Jahre erweiterte. Durch die neuen Eigentümer erfolgten ein weiterer Umbau und eine Aufstockung unter größtmöglicher Schonung des Bestandes und mit einem knapp bemessenen Budget. Die Entscheidung, ein Architekturbüro dafür zu engagieren, war eine ganz bewusste: „Durch die komplexe Ausgangssituation für die Aufstockung eines Altbestandes war für uns schnell klar, dass wir mit einem erfahrenen Architekten bauen wollen. Außerdem sind wir der Meinung, dass viel Zeit und Nerven gespart werden können, wenn man sich bei so einem großen Projekt in professionelle Hände begibt.“
 

Mit dem Architekturbüro Schneider Lengauer Pühringer, kurz SLP, war der ­richtige Partner gefunden. Die Auftraggeber hatten im Internet recherchiert, nach den ersten Gesprächen kam die gegen­seitige Sympathie hinzu. „Nach dem ersten Gespräch mit Herrn Schneider und dem zweiten Entwurf war für uns klar, dass wir mit ihm unser Vorhaben realisieren werden“, erzählen die stolzen Hausbesitzer. „Durch unser knapp bemessenes Budget waren wir von Anfang an kompromiss­bereit. Für uns stand demnach schon bei der Planung eine möglichst kostengünstige Wohnraumschaffung im Vordergrund. Wie groß und welche Aufteilung dieser haben soll, war für uns nicht so wichtig.“ 
 

„Baukultur in Fein­arbeit. Viel davon in Osttirol und Ober­österreich.“ Peter Schneider (* 1963), Erich Lengauer ­­

(* 1966) und Andreas Pühringer (* 1987) sind die drei Geschäftsführer des Architekturbüros Schneider Lengauer Pühringer aus Neumarkt in Oberösterreich. Schneider studierte Innenarchitektur und Architektur an der Kunstuniversität Linz und betrieb seit 1990 gemeinsame Projekte mit Erich Lengauer, der nach Absolvierung der Fachschule für Tischlerei und Raumgestaltung in Hallstatt ebenfalls Innenarchitektur und Architektur an der Kunstuniversität Linz studierte. Pühringer ging nach der HTL Hallstatt für Raum- und Objektgestaltung zum Architektustudium an die TU Wien, wo er 2013 sein Diplom in Gebäudelehre und Entwerfen erreichte. 

Schneider Lengauer Pühringer Architekten ZT GmbH 
Neumarkt im Mühlkreis        
Gegründet 2019             
slp-architekten.at

Die Kosten stets im Blick, wurde zunächst die bestehende Dachkonstruktion abgebrochen. Stattdessen wurde ein neues Obergeschoß in Holzriegelbauweise auf das Erdgeschoß aufgesetzt, die mit einer 60-grädigen Walmdachkonstruktion mit abgeflachtem First abschließt. Damit wurde stilistisch wieder an das ursprüngliche Erscheinungsbild angenähert. 

Durch die Aufstockung entstand eine großzügige Wohnzone mit angeschlossenem Küchen- und Essbereich mit einer Raumhöhe von 6,80 Metern und einem neuen Balkon an der Westseite. Im nach oben offenen Dachraum befindet sich eine Bibliothek und eine Homeoffice-Landschaft mit 50 Quadratmetern Nutzfläche und mit „übergroßem Luftraum“. Die Innenräume werden von hellen Boden- und Wand­flächen dominiert, der Dachraum wurde komplett mit Fichtenholz verkleidet. 

Für die Auftraggeber haben sich damit mehr als die ersten Vorstellungen umgesetzt: „Nachdem wir keine festgelegten Vorstellungen hatten, ist es mehr, als wir erhofft haben. Durch die Idee der Erschaffung einer zweiten Ebene als Galerie wurde zusätzlicher Wohnraum generiert. Wir fühlen uns sehr wohl und bereuen die Entscheidung keineswegs. Durch das viele Holz haben wir ein sehr angenehmes Raumklima und durch die Oberlichten ist es immer schön hell und lichtdurchflutet bei uns.“ 

Projekt
Aufstockung Haus B
Reuchlingstraße 50, 4020 Linz

Bauherren
Privat

Architektur
Schneider Lengauer Pühringer Architekten ZT GmbH, Neumarkt i. M.
slp-architekten.at

Statik/Holzbauarbeiten
Simader Baumeister und Zimmermeister GmbH, Oberneukirchen/Linz
simader.at

Fotos
Kurt Hörbst

Projektdaten
Grundstücksfläche 512,36 m2 
Bebaute Fläche Bestand 127,98 m2/Neubau 112,11m2
Nutzfläche 127,98 m²
Bruttogeschoßfläche 322 m²

Projektablauf
Planungs- und Baubeginn 2019
Fertigstellung 2021

Materialien
Außen- und Innenwände: Konstruktionsvollholz
Fassade: Eternit für Fassade und Dach
Dämmmaterial: Mineralwolle (Isover)
Fenster/Türen: Kunststoff-Alu (Internorm KF 410)
Bodenbelag: Linoleum (Forbo walton 3369), Fichtenholz 
Beleuchtungskörper: Molto Luce (Turn On SD, Touch Down PD, Lens Single PDI, Litin AC SD, Chicco Round LED)