321 Thema

Wenn Städte ihr Gesicht verlieren

Barbara Jahn-Rösel

Manchmal sind Architekten und Stadtplaner eindeutig die schlechteren Zahnärzte. Statt bestehende Lücken in der Stadt zu verdichten, reißen sie ihr die intakten und wertvollen Zähne, um am Ende vielleicht ein Stockwerk zu gewinnen. Ein Kommentar

Von Schande kann man nicht sprechen, obwohl einem dieses Wort auf der Zunge liegt, wenn man beobachtet, wie das, was eine Stadt ausmacht, was für die ganze Welt ein Grund ist, Wien einen Besuch abzustatten, der Reihe nach verschwindet. Von der massiven Abholzung des Wienerwaldes einmal abgesehen. Aber wer richtet darüber – oder darf es? Zurück bleibt Empörung, Enttäuschung, Ratlosigkeit und auch Traurigkeit, wenn Grätzel und ganze Bezirke sich innerhalb weniger Jahre selbst nicht mehr ähnlich sehen. Auf ins Bezirksmuseum? Jetzt, wo Grätzel in schon naher Zukunft einen Aufschwung erfahren sollen, glaubt man den Trendexperten.

Schauplatz Wien

Jedem, der ein aufmerksames Auge darüber hat, was sich bautechnisch in der Stadt tut, wird es schon aufgefallen sein. Die rasant wachsende Stadt braucht mehr und mehr Wohnraum, um den Zuzug zu bewältigen. Die Stadtregierung hat die Schleusen geöffnet und Mega-Projekte gestartet – die Bebauung in Aspern, der Grünflächen und Gärtnereien weichen mussten, die Überbauung innerstädtischer Bahnhöfe und ihrer weitläufigen Gleisanlagen, die nicht mehr existieren und nicht mehr Zeugnis von einer ausgeklügelten Logistik ablegen können aus einer Zeit, als Globalisierung nicht einmal noch der Funken einer Idee war, und der kleine Handel und das Handwerk blühte – en gros et en detail, wie es hieß. Städte verändern sich eben, und am stärksten dort, wo viel, viel Platz ist. Dort entstehen ganze Stadtviertel mit guter Infrastruktur und oft mit kleinen Läden, die aus den einstigen Einkaufsstraßen der alten Stadt längst verschwunden sind.

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