Kaum eine Kreativbewegung hatte jemals eine solche Strahlkraft wie jene des Bauhauses. Dabei waren dieser schöpferischen Phase nicht einmal eineinhalb Jahrzehnte gegönnt, um das weiterdenken zu können, was schon in den ersten Jahren die Welt der Gestaltung komplett auf den Kopf stellte. Gegründet 1919 in Weimar unter Walter Gropius als erstem Direktor, zählten schon damals große Namen wie Peter Behrens oder Bruno Taut zu seinen Weggefährten. In diesem von ihm geschaffenen „intellektuellen Labor“ war das Gesamtkunstwerk das erklärte Ziel. Der Lehrberuf bekam eine neue Bedeutung. Gropius bezog, von den konservativen Kräften im Land angefeindet, mit der Schule das von ihm selbst entworfene Bauhausgebäude in Dessau. 1928 warf er das Handtuch, ständig torpediert von kommunalpolitischen Querelen. Der Schweizer Architekt und Urbanist Hannes Meyer konnte auch nicht lange bleiben. Zu groß waren politische und ästhetische Differenzen, zu schwach seine Führungskraft.
1931 wurde der politische Druck so groß, dass die Dessauer Schule geschlossen werden musste. Ludwig Mies van der Rohe, ein Architekten aus Aachen, leitete als dritter Direktor die Bauhaus-Schule bis zu ihrer Schließung 1933 durch die Nationalsozialisten. Zu undeutsch soll das vermittelte Gedankengut gewesen sein.
In den insgesamt 14 Jahren der Zwischenkriegszeit schaffte es die Kunst- und Gestaltungsschule dennoch, die Moderne zu prägen und neu zu interpretieren. Mit der Rückbesinnung auf das Handwerk sollte experimentell und manuell eine neue, dem industriellen Herstellungsprozess gerechte Formensprache entwickelt werden. Am Bauhaus wollte man eine neue Generation umfassend kompetenter und engagierter Gestalter ausbilden, die gestalterische Grundlagen erlernten, in den Werkstätten ausgebildet wurden und durch die Meister und Lehrenden individuell geprägt wurden. Walter Gropius blieb stets die prägende Autorität und verankerte nach seiner Emigration in die USA das Bauhaus und dessen inneren Werte für immer im Gedächtnis der Menschen. Ludwig Mies van der Rohe, die zweite schillernde Figur an der Spitze der Bauhaus-Bewegung, definierte seine Haltung ganz klar: „Baukunst ist die räumliche Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt und der Ausdruck dafür, wie er sich darin behauptet und wie er sie zu meistern versteht.“
Bauhaus – das ist keine Stilepoche, es ist eine inspirierende Philosophie, die seit jeher Architekten, Designer, Intellektuelle und Künstler inspiriert hat und bis heute weit und in die Tiefe nachhallt. Das Erbe der Bauhaus-Bewegung spiegelt sich heute nicht nur in der Architektur wider, sondern auch im Design. Für das Jubiläumsjahr 2019 tauchten viele Möbelproduzenten in ihre Archive mit dem festen Vorsatz, Klassiker des Bauhauses wieder neu aufzulegen und vielleicht sanft für das 21. Jahrhundert zu adaptieren.
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