356 Interior Design
© Kvadrat

Auf den Ton kommt es an

Weniger der Rauch als vielmehr der Schall bereitet Architekten zunehmend Kopfzerbrechen. Eine Herausforderung, die Ideenreichtum und jede Menge Unterstützung in Form von innovativen Lösungen erfordert.

von: Barbara Jahn

Es ist kein Geheimnis, dass gute Raumakustik wesentlich zu einem guten Raumklima beiträgt. Man muss nicht alles hören, deshalb kann gerne gefiltert werden, bis nur noch das Eigentliche hörbar bleibt. Leider ist das ein Wunschdenken, vor allem für diejenigen, die in einem Raum mit vielen Menschen und Maschinen konzentriert arbeiten müssen, insbesondere in Großraumbüros und Bildungseinrichtungen. Doch der Zeitgeist legt Architekten und Raumausstattern noch eine andere Latte sehr hoch, nämlich die der Optik. Von faserigen Akustikdecken, die früher ihren Dienst gut versahen, will heute eher niemand mehr etwas wissen. Und tatsächlich: Es gibt eine Reihe attraktiver Lösungen, die wohl den Geschmack des 21. Jahrhunderts viel besser treffen. 

Zwei in einem
Mit einer guten Raumakustik intensiv beschäftigt hat sich die Tiroler Architektin und Designerin Nina Mair, die für Ydol ein akustisch wirksames Element zur Raumgliederung entwickelt hat, das gleichzeitig mit seinen drehbaren Akustiklamellen die Nachhallzeit der Architektur verbessert. Relax Twist bietet so eine flexible Lösung für die hohen Anforderungen in Sachen Akustik, auch weil es individuell situativ anpassbar ist. Die Funktionsweise beruht auf einer in einzelne Lamellen aufgelösten Wand, die komplett geschlossen bis 90 Grad geöffnet werden kann. Eine offene Stellung der Akustiklamellen, die übrigens in zwei Breiten und in 36 Farben ausgewählt werden können, sorgt für ein großzügiges Raumvolumen, während eine geschlossene Stellung Bereiche vollständig voneinander sowohl visuell als auch akustisch abschirmt. Die einzelnen Elemente aus Aluminium sind mit dem Akustikstoff Jil überzogen, produziert aus Merinowolle, die gestrickt und anschließend noch gewalkt wird. Die Naturfasern sind selbstverständlich objekttauglich, denn sie sind schwer entflammbar, speichern Feuchtigkeit und geben diese bei zu trockener Raumluft wieder ab. Damit das gesamte Produkt aus nachwachsenden wie recycelten Rohstoffen auch bis zum Ende umweltschonend durchdacht bleibt, wurden keine Klebstoffe eingesetzt und die Paneele können nach ihrem Lebenszyklus sortenrein getrennt werden.

Perfekte Welle
„Der Mensch verbringt die meiste Zeit des Tages in geschlossenen Räumen. Deshalb ist es uns ein Anliegen, mit dem neuen Produkt einen Beitrag zu einem gesunden Innenraum zu leisten“, erklärt Nina Mair ihre Inspiration, einem techniklastigen Thema ein neues gestalterisches Gesicht zu verleihen. Und sie hat dabei noch eine weitere Option zu bieten: den dreidimensional geformten Schallabsorber Relax Wave, der als einzelnes Element oder vollflächig an der Wand montiert werden kann. Zum Einsatz kommen kann der Wandabsorber in allen Räumen, in denen die Akustik eine bedeutende Rolle spielt, etwa in Büroräumen, Restaurants, Veranstaltungsräumen, Hotellobbys und vielem mehr. Mit diesem Wandpaneel kann nicht nur die Raumakustik verbessert, sondern ein besonderer gestalterischer Akzent gesetzt werden. Ins Auge sticht die wellenförmige, regelmäßige Struktur, die der Fläche eine gewisse Anmutung von Weichheit verleiht. Unter dem Akustikstoff befindet sich ein mehrschichtiger Absorber, der 100 Prozent der auftreffenden Schallwellen im Frequenzbereich der menschlichen Stimme absorbiert. „Ich finde es reizvoll, der aktuellen klaren und geradlinigen Formensprache der Architektur einen weich anmutenden Akzent entgegenzustellen. Die Wandfläche wird zum weichen, dreidimensionalen Element“, so Mair. Wie Relax Twist besteht auch Relax Wave aus Merinowolle und Aluminium und verzichtet komplett auf Klebstoffe.

Weniger Schall, mehr Licht
Der akustischen Herausforderung ganz anders begegnet der Münchner Leuchtenhersteller Occhio, der ebenfalls zwei, eigentlich sogar drei Hürden zugleich meistert. Mit den Occhio acoustic panels für die Leuchten Mito und Mito linear aus hochverdichtetem Polyester-Vlies bieten sich neben wirksamer akustischer Dämpfung neue Möglichkeiten der Deckengestaltung. Zum einen kann die Deckenebene bei einem unruhigen Deckenbild oder auf einer Rohdecke homogenisiert werden und bekommt so ein neues visuelles Erscheinungsbild, ohne dass eine abgehängte Decke installiert werden muss. Zum anderen ergibt sich durch die Uplights eine zusätzliche Reflektionsfläche, wobei die Occhio acoustic panels mit ihrer hochreflektierenden, auswechselbaren Stoffbespannung mit der auf diese Weise verstärkten indirekten Beleuchtung dem Raum ein angenehmes Licht verleihen. Die Akustikpaneele sind im runden und rechteckigen Format, zur Montage auf der Decke oder abgependelt erhältlich und ermöglichen – mit und ohne Leuchten – eine zusätzliche Schallabsorption, die die Nachhallzeit im Raum deutlich reduziert.

Mit jeder Faser
Als Antwort auf das dringende globale Abfallproblem recycelt das 2013 gegründete Unternehmen Really textile Materialien wie ausgediente Baumwolle und Wolle, die aus der Textilindustrie, industriellen Wäschereien und den Webkantenabfällen von Kvadrat stammen. Mit den Alttextilien werden Materialien geschaffen, die die Designund Architekturbranche herausfordern, ihren Umgang mit Ressourcen zu überdenken und eine Kreislaufwirtschaft zu entwickeln. Eines dieser Materialien ist der neue Akustik Textilfilz FR, ein innovatives Akustikmaterial, das sich für Decken und Wandinstallationen sowie als Absorber für Akustiksysteme einsetzen lässt. Entwickelt mit Fokus auf Kreislauffähigkeit und Haltbarkeit, besteht Acoustic Textile Felt FR aus Trevira CS Polyester – 70 Prozent davon Nachproduktionsabfälle – und einem neu entwickelten Bindemittel. Das Material ist ungiftig und flammhemmend und besteht aus rein natürlichen Komponenten. Auch hier ermöglicht die Zusammensetzung ein vollständiges Recycling.

Der Akustik-Textilfilz FR ist so konzipiert, dass seine Herkunft sichtbar wird, indem auf die vielen recycelten Textilien hingewiesen wird, die bei der Herstellung Teil des Prozesses sind. Die reiche Palette der Gewebefasern und deren verschiedene Farbtöne kommen in Form einer subtil strukturierten Oberfläche zum Vorschein und machen sie zu einem natürlichen Teil des fertigen Materials.

Sichtbar unsichtbar
Besonders raffiniert sind die Raumakustik-Produkte und -Lösungen von Makustik, einer eingetragenen Marke der Akustik & Raum AG, die schon viele internationale Projekte realisiert hat. Das Augenmerk richtet sich hier in erster Linie auf die Raumnutzung und deren Veränderung, etwa wenn sich die Personenzahl verändert oder der Raumzweck einer neuen Bestimmung zugeführt wird. Makustik kann in Decken-, Wand-, Schrank-, Form- und Möbelelemente mit unterschiedlichen Absorptionswerten integriert werden. Ein perfektes Beispiel dafür ist der OncoCubus in Recklinghausen, ein neu gebautes Ärztehaus für Strahlentherapie und Onkologie, wo in enger Zusammenarbeit zwischen Architekten und dem Holz- und Furnierspezialisten muto´ unter Einbindung der ästhetischen Schallabsorber in sämtlichen Bereichen des Gebäudes eine ausgeglichene Raumakustik kreiert wurde. Dabei wurde das Furnier aus Amerikanischem Ahorn zu Akustikpaneelen Linea verarbeitet. Diese weisen eine horizontale Linierung auf, ihre Gesamterscheinung ist hell und ruhig. Die Holzoberfläche wird anschließend matt lackiert.

In geheimer Mission
Zur Reduktion dieser akustischen Störquellen wird gerne auf Schallabsorption und Schallschirmung zurückgegriffen. Dies sind bewährte Mittel, um die Akustik eines Büros zu verbessern. Der deutsche Spezialist Preform schafft seit vielen Jahren Abhilfe bei akustischen Schieflagen, vor allem in Büros. Viele verschiedene Akustiklösungen stehen zur Auswahl, in allen möglichen Formen und Formaten. Jetzt setzt das Unternehmen aber noch eines drauf und kombiniert die Absorption und die Schirmung mit der Maskierung des gesprochenen Wortes. Das funktioniert mit einer speziellen Kombination von Gipsschaum und der Erzeugung von Schallwellen, wobei hier erstmals die Nichtortbarkeit von gesprochenen Wörtern möglich wird. Das patentierte Sound-Masking-System Presound verändert Töne innerhalb einer Frequenz, die menschliche Sprache wird verzerrt und dadurch unverständlich gemacht. Jedes Presound-System kann individuell und bedürfnisorientiert an die Gegebenheiten in den jeweiligen Büroräumen angepasst und in jede modulare Preform-Wand integriert werden. Damit steht auch einer flexiblen Umgestaltung des Büros, ohne Verlust des Maskierungssystems, nichts im Wege.

Lärm, Geräuschen und Schall kann mit vielen Methoden begegnet werden. Zugunsten eines größeren Wohlbefindens aller Personen, die sich gemeinsam in einem Raum aufhalten, lässt sich mit dieser Vielfalt sicher die richtige Lösung finden.

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