Das herausfordernde EU-Ziel einer klimaneutralen Gesellschaft bis 2050, zu dem sich Österreich bereits für 2040 bekannt hat, erfordert radikale Veränderungen. Im Fokus stehen dabei Baustoffe und deren Funktionalitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Um all das zu verwirklichen, wurde ReConstruct ins Leben gerufen, als Forschungsplattform zur Zukunft des Bauens in Partnerschaft von WIFO, Sustainserv Zürich/Boston, Center for European Policy Studies Brüssel, Wegener Center an der Universität Graz, gefördert vom Fachverband der Stein- und keramischen Industrie.
Nachfrage nach grünen Baustoffen schaffen
Der Gebäudebereich ist eine besondere Herausforderung für den Klimaschutz. Einerseits gibt es einen gewaltigen Gebäudebestand, der saniert und „klimafit“ gemacht werden muss. Andererseits ist die Bauaktivität enorm hoch und es muss sichergestellt werden, dass neue Gebäude keine Hypothek für die nächsten Jahrzehnte sind. Wesentlich dafür sind neue Energiekonzepte. „Alles, was brennt, muss aus dem Gebäude gebracht werden. Ziel muss die langfristige Speicherung von Energie sein“, meinte Renate Hammer, geschäftsführende Gesellschafterin des Institute of Building Research & Innovation, bei der Präsentation der Plattform. Siedlungenmüssten wie große Energiespeicher betrachtet werden. Dazu müsse man speicherfähige Baustoffe finden. Zweitens müssten die Bodenressourcen geschont werden. „Wir dürfen nicht mehr in die Fläche gehen. Der beste Baustoff ist der, den man nicht braucht“, so Hammer.
Das öffentliche Auftragswesen könne die Nachfrage nach „grünen“ Baustoffen schaffen, dann würden auch deren Kosten sinken, meinte Christian Egenhofer, Leiter des Energy and Climate Programme am Center for European Policy Studies. „Wir sind in einer Zäsur“, bestätigte auch Umweltministerin Leonore Gewessler. Der Green Deal dürfe nicht aus dem Blick verloren werden, auf dem Weg dorthin sei keine Zeit mehr zu verlieren. Klimaschutz sei mehr als ein Ministerium, er betreffe auch die Industrie- und Handelspolitik. Damit neue Gebäude keine Hypothek für die nächsten Jahrzehnte sind, ist auch die Beachtung von Faktoren, die über das Bauen hinausgehen, wie etwa neue Geschäftsmodelle und soziale Fragen, wichtig. In der Diskussion wurden wegweisende Projekte aus der Schweiz vorgestellt, in deren Planung die zukunftsorientierten Konzepte bereits einfließen. In der Schweizer Gemeinde Risch-Rotkreuz entsteht auf einem ehemaligen Industriegelände das Quartier Suurstoffi, ein „Dorf im Dorf“, wo 7000 Menschen leben und arbeiten sollen. Bauen und Mobilität gehen Hand in Hand mit interessanter Architektur und viel Grün. Beim Faktor Energie im Betrieb setzt man auf Selbstversorgung und Effizienz, dafür werden solare Elektrizität, Erdsonden sowie rezyklierte Abwärme eingesetzt.