Mehr als der Behörde Genüge tun
Um eine offizielle Baugenehmigung zu erhalten, braucht man keine Architekten. Die Einreichunterlagen sind Pläne im Maßstab 1:100, die der Behörde Genüge tun. Ein solcher Plan sagt aber wenig darüber aus, wie geschickt der Umbau angelegt oder wie koordiniert der Bauablauf geplant ist, auch nicht, wie sich das Gesamtprojekt finanziell darstellen lässt. Wenn hingegen ein Architekt alles durchplant, wird aus einem relativ unscharfen Einreichplan ein detaillierter Bauplan. Je genauer man weiß, was man will, desto präziser lassen sich die Kosten errechnen und Kostenvoranschläge vergleichen. Das ist ein weiterer Punkt: Alle wollen ja immer Vergleichsangebote. Man kann als Bauherr selbst zum Installateur oder Baumeister gehen, seine Vorstellungen erklären und mit dem Einreichplan einen Kostenvoranschlag erstellen lassen. Solche Kostenvoranschläge einzelner Anbieter sind aber in der Regel schwer oder gar nicht vergleichbar, weil jeder sie anders erstellt. So kann es sein, dass manche Posten in der einen Kostenaufstellung fehlen und bei einer anderen die Summe in die Höhe treiben. Architekten können in einem solchen Fall die Aufgabe übernehmen, mit dem Bauherrn ein gewünschtes Resultat festzuschreiben und die Anforderungen für einen Kostenvoranschlag genau in den Rahmen zu bringen, sodass vergleichbare Angebote eingeholt und Kostenexplosionen vermieden werden. Das Wichtigste ist in dieser Phase, alle Abläufe zu koordinieren und zusammenzuspielen, denn in der Regel stimmen sich die einzelnen Ausführenden zeitlich nicht miteinander ab. Die Firmen sind zwar Spezialisten in ihrem Fach, haben aber meist wenig Interesse bezüglich zeitlicher Abfolgen. In der Praxis entstehen hier oft Schwierigkeiten. Häufig passen die Zeitpläne der voneinander unabhängig agierenden Spezialisten nicht zusammen, wenn sie nicht koordiniert werden. Wenn im Innenausbau die auszuführenden Arbeiten wie Zahnräder ineinandergreifen sollen, kommt die Rolle des Architekten als Bauaufsicht ins Spiel. Das Delegieren dieser Aufgabe kann sich als sehr sinnvoll erweisen. Häufig ergibt die Einsparung finanzieller Mittel durch Koordination und die Vergleichbarkeit und Auswahl der ausgeschriebenen Aufträge eine Summe, die das Honorar der beauftragten Architekten abdeckt.
Gesamtleistung von der Stange
Wie hoch ist der Prozentsatz der Menschen, die Architekten beim Bau eines Einfamilienhauses hinzuziehen? Wenn man sich die Lage in Österreich anschaut, zeigt sich ein deutliches West-Ost-Gefälle. Polemisch ausgedrückt, findet man in Vorarlberg so gut wie keine Fertigteilhäuser – man kann sie beinahe an einer Hand abzählen. Es ist dort weit verbreitet, sich beim Bau oder Umbau von Einfamilienhäusern einen Architekten zu nehmen. Im Osten ist das Verhältnis quasi umgekehrt: Die überwiegende Mehrzahl der Häuser sind Fertighäuser oder man baut, salopp gesagt, mithilfe von Bekannten, die aus der Branche sind, selbst. Zur Anfertigung eines Einreichplans und sonstiger Unterlagen für die Behörde sind viele befugt. Nicht nur einzelne Baumeister, sondern auch große Firmen, wie etwa das Lagerhaus, haben jemanden im Pool, der die Konzession hat. In dieser Konstellation wird quasi die Gesamtleistung „von der Stange“ angeboten. Man erhält mehr oder weniger standardisierte Häuser bis hin zu Fertighäusern.
Architekten nur für Besonderes
Architekten werden meist entsprechend nur hinzugezogen, wenn man etwas Besonderes, Ausgefalleneres möchte, eine flexiblere und individuellere Gestaltung. Da kann es um innovativere Wünsche gehen, etwa einen zusätzlichen großen Raum für Essen mit Gästen, oder eine integrierte Galerie. Möglicherweise haben Tradition und Baukunst in Vorarlberg einen höheren Stellenwert, weil immer Wert auf die Beibehaltung hoher handwerklicher Qualität gelegt wurde, die sich ihrerseits auf die Qualität der ausführenden Betriebe niederschlägt. Dahinter steckt die Erkenntnis: Wenn Details sinnvoll entwickelt und ordentlich ausgeführt sind, muss bereits der Planungsprozess sorgfältig durchgeführt werden.
In Abstufungen
Eine weit verbreitete Fehleinschätzung ist die Vorstellung, dass man das gesamte Haus bauen lassen muss, wenn man Architekten hinzuzieht. Man kann sich durchaus ein Haus planen lassen und dieses dann selber bauen. Man kann Architekten in verschiedenen Abstufungen beschäftigen. Man kann sie mit Entwurf und Einreichplan betrauen, und mit diesen Unterlagen dann selbst – oder mit eigenen Anbietern – zur Realisierung schreiten. Man kann aber auch alles detailliert ausschreiben, Vergleiche erstellen und den gesamten Bau begleiten lassen – das wäre das Gesamtpaket an Dienstleistung. Dieses Gesamtpaket ist auch in unterschiedlichen Details abrufbar, was durchaus sinnvoll sein kann. Es spricht also vieles dafür, Architekten für die Planung eines Einfamilienhauses zu engagieren.