3 Fragen an Univ.Prof. Dr. Michael Kunze, Medizinische Universität Wien
BAU!MASSIV!: Wie wichtig ist die Corporate Architecture für die Identifikation der Mitarbeiter mit einem Unternehmen?
Kunze: Mitarbeiter verbringen rund 40 Stunden pro Woche an ihrem Arbeitsplatz. Was sie dort vorfinden, erleben sie als den Kern der Unternehmensphilosophie. Ein Gebäude mit einem besonderen Charakter schafft eine ganz andere Identifikation als ein gesichtsloser Zweckbau. Genauso gilt: Ein Arbeitsplatz mit gutem Licht, angenehmem Raumklima und einer ruhigen Atmosphäre trägt viel zur Motivation der Mitarbeiter bei. Die einseitige Fixierung auf die Baukosten verstellt oft den Blick auf solche langfristig wirksamen Faktoren.
BAU!MASSIV!: Was ist entscheidend für eine angenehme Atmosphäre am Arbeitsplatz?
Kunze: Die spontane Assoziation bei einem gesunden Arbeitsplatz ist oft die Ergonomie. Tatsächlich sollten die Überlegungen weit früher ansetzen, nämlich bei der Planung und Errichtung eines Bürogebäudes: Die Arbeitsplätze sollten gute Lichtverhältnisse garantieren, die verwendeten Baustoffe frei von Belastungen sein und eine angenehme Atmosphäre schaffen. Erst kürzlich zeigte eine Befragung von 200 Bauexperten: Die Qualität der Raumluft wird als einer der zentralen Faktoren für zukunftsfähige Baukonzepte gesehen. Für dieses Kriterium sind mineralische Baustoffe eine gute Wahl: Sie sind praktisch frei von Schadstoffen und schaffen ein angenehmes Raumklima. Qualitativ hochwertige Baustoffe tragen somit auf vielfache Weise dazu bei, dass sich die Nutzer rundum sicher und behaglich fühlen. Guter Schallschutz, hochwertige Wärmedämmung, Schadstofffreiheit – all das fördert Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz.
BAU!MASSIV!: Die von Ihnen erwähnte Studie nennt die Sommertauglichkeit von Gebäuden als zweites Kernthema. Warum gewinnt dieser Faktor an Bedeutung?
Kunze: Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen in Österreich: Prognosen haben berechnet, dass sich die Hitzetage mit über 30 ºC bis 2050 vervierfachen werden. Schon heute übersteigen in vielen Bürogebäuden die Kosten für die Kühlung jene für die Heizung. Hinzu kommt: Viele Menschen empfinden Klimaanlagen als unangenehm oder reagieren mit Erkältungen. Daher sollten wir natürliche Alternativen für die Kühlung ins Auge fassen – auch aus ökologischer Sicht. Massive Bauteile können viel Wärme aufnehmen und speichern, ohne die Oberflächentemperatur zu erhöhen. Energie-Effizienz und Behaglichkeit für den Nutzer gehen hier Hand in Hand.
3 Fragen an Ass.Prof. DI Dr. Karin Stieldorf, Technische Universität Wien
BAU!MASSIV!: Die Arbeitsorganisation in Unternehmen ändert sich permanent: Größe und Struktur von Teams wechseln ebenso wie die Anforderungen an Arbeitsplätze. Was bedeutet diese Entwicklung für die Büroarchitektur?
Stieldorf: Büros müssen heute flexibel sein. Für den Architekten heißt das, ein starres Gebäude zu errichten, das sich aber variabel an geänderte Ansprüche anpassen kann – als Reaktion entstand der leichte Innenausbau mit doppelten Böden und abgehängten Decken. So lassen sich Versorgungsleitungen leicht verändern, allerdings wird dadurch die in der Tragstruktur vorhandene Speichermasse von der Innnenraumluft entkoppelt.
BAU!MASSIV!: Was sollte sich in Zukunft bei Bürogebäuden ändern?
Stieldorf: Unser Ziel muss sein, die vorhandenen Speichermassen zu nützen, um den Innenraumkomfort und die Nachhaltigkeit von Büros zu erhöhen. Mit einer intelligenten Planung lassen sich massiver Innenausbau und hohe Nutzungsflexibilität durchaus verbinden. Alle Wände, die dauerhaft bestehen bleiben, können massiv ausgeführt werden – wie zum Beispiel die Flurtrennwände. Auch Decken und Böden verfügen über wirksame Speichermassen, um die Raumtemperaturen im Winter wie im Sommer zu stabilisieren: Das Ergebnis ist eine höhere thermische Behaglichkeit für die Nutzer und weniger Energiekosten bei gleichzeitiger Wahrung der Nutzungsflexibilität.
BAU!MASSIV!: Die Planung wird also wichtiger?
Stieldorf: Ja, die ersten Skizzen eines Architekten sind für die spätere Qualität eines Gebäudes entscheidend. Bereits bei der Planungsphase eines Gebäudes ist es wichtig, die Grundsätze der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen und integriert zu arbeiten. Wenn wir neue Konzepte für Energie, Komfort und Raumakustik realisieren wollen, müssen wir uns anderen bauphysikalischen und funktionellen Herausforderungen stellen und unter Einsatz von Gebäudesimulationen planen.
Zur Person: Univ.Prof. Dr. Michael Kunze ist Vorstand des Instituts für Sozialmedizin, Medizinische Universität Wien, und Mitglied des Nachhaltigkeitsbeirats im Fachverband der Stein- und keramischen Industrie.
Zur Person: DI Dr. Karin Stieldorf ist Professorin für Architektur an der Technischen Universität Wien und Mitglied im Nachhaltigkeitsbeirat des Fachverbandes der Stein- und keramischen Industrie.
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