Dieser Mann hieß Frei. Es war der Vorname, den ihm seine Eltern gaben, beide Werkbund-Mitglieder, Frei – das Lebensmotto seiner Mutter. Frei könnte man auch seine Bauten nennen, schwebend über dem Boden der Bonner Republik, die er so erfrischend unbelastet repräsentierte wie wenige andere. Die offenen, eben: freien Seiten dieser Republik, am schönsten in den gemeinsam mit Günter Behnisch entworfenen Zeltdachbauten der Olympischen Spiele München 1972, die von der Offenheit, Entspanntheit und Friedensliebe eines lässigen neuen Deutschland zeugen sollten und in Blut endeten. Frei Paul Otto wurde 1925 in Chemnitz geboren, Sachse von Geburt wie Behnisch und wie dieser über Jahrzehnte mit der Stuttgarter Architekturfakultät verbunden und im Schwäbischen heimisch geworden. Zugbeanspruchte Leichtbaukonstruktionen, Hängedächer, Gitterschalen, Seilnetze waren sein Metier, das er zu höchster Vollendung brachte, mit Seifenhaut als Modell für die ökonomischste Verspannung gekrümmter Zeltdachmodule. Hängedächer waren bereits das Thema seiner Doktorarbeit in den fünfziger Jahren. „Ich bin Dr. Zelt“, stellte er einmal fest. Und Dr. Zelt und seine Nachfolger halfen mit, Westdeutschland mit einer Vielzahl leichter Kunststoff-Spanndächer zu bezaubern, über Caféterrassen, Freibädern, Vogelvolièren, auf Gartenschauen, Messen, in Stadtparks und Fußgängerzonen, die nichts mehr mit dem Gelsenkirchener Barock der dumpfen Nachkriegsjahre gemein hatten.