Mit der Frage „Wie gestaltet man geeigneten Lebensraum?“ verbrachte Harry Glück sein gesamtes Berufsleben, das er den Menschen widmete. Nicht jeder fand seine Bauten umwerfend, wegweisend und genial, aber durch seine fein durchdachten Wohnraum-Kompositionen ist es ihm gelungen, viele, nein, sehr viele Menschen äußerst glücklich zu machen.
50 Jahre Erfolg
Sein Lebensweg, der 1925 in Wien als Einzelkind begann, war von Beginn an sehr vielschichtig. Noch mitten drin in der Schullaufbahn, lernte er den Krieg kennen, den er unbeschadet überstand. So konnte er nach seiner Rückkehr aus dem Grauen gleich mit dem Aufbau seiner eigenen Welt beginnen: Die erste Station war das Max-Reinhardt-Seminar, wo er Bühnenbild und Regie studierte, jedoch lockte die Architekturfakultät der TU Wien, die einen Architekten aus ihm machte. Das Glück sollte auf seiner Seite sein, denn schon in seinen Anfängen ergab es sich, dass er bei Josef Hoffmann in dessen Atelier in der Kärntner Straße arbeiten konnte. Mit knapp über vierzig war es dann soweit: 1966 eröffnete Harry Glück sein eigenes Büro, das bis zu den Achtzigern auf über 100 Mitarbeiter anwuchs.
Nicht baden gegangen
Das Büro Harry Glück und Partner konzentrierte sich auf die sozialen Komponenten im urbanen Miteinander, wo Platz immer knapper wird und der zwischenmenschliche Frieden das höchste Gut bleibt. Keiner konnte ausgeglichenen Wohnraum so gut arrangieren wie er, wenngleich er nicht gerade mit ausgesprochenen detailreichen Schönheiten punktete. Die Schönheit lag für ihn ganz woanders, nämlich in seiner Vision, für jeden ein Fleckchen Grün bereitzustellen in Form seiner legendären Terrassenhäuser, auf denen die gemeinschaftlich genutzten Schwimmbäder nicht fehlen durften. Ganz besonders zeichnet ihn aus, dass er im Grunde ein großer Vordenker war, der in dieser Hinsicht viel zu wenig geschätzt wurde. Die heranwachsende Architektengeneration scheint aber begriffen zu haben, was er bereits vorbereitete: Nachhaltige Architektur, die Platz sparend das Maximum für den privaten Lebensraum herausholt – egal ob es um ein Einfamilienhaus oder eine Wohnung geht. Die besten Beispiele dafür sind der bereits 40 Jahre alte Wohnpark Alt Erlaa und seine Cottage-Siedlungen an den westlichen Ausläufern Wiens, die zum großen Teil autofrei sind und ressourcenschonend mit Baufläche umgehen.
Was für ein Glück
Die beste Bestätigung für das, dass er richtig geplant hatte, durfte Harry Glück jedoch immer wieder erleben. Nicht nur Statistiken bescheinigen die höchste Wohnqualität und die geringste Fluktuation in seinen Wohnbauten, sondern die persönliche Zufriedenheit der Bewohner, deren größtes Glück die paar Quadratmeter Gärtchen vor dem Fenster bedeuten. Auch als Berufener wird Harry Glück immer ein Vorbild sein, hat er doch sein ganzes Leben mit Leidenschaft Räume erschaffen. Mit 91 wollte er nun in Pension gehen – der einzige Plan, der in diesem erfüllten, produktiven Leben leider nicht mehr aufgegangen ist.