Neben SMART-Wohnungen soll es zudem Wohngemeinschaften für teilbetreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen geben. Im Grätzel ist ein Pflegewohnhaus (mit stationärem und mobilem Angebot) vorgesehen, auch Kindergärten, Ausbildungsstätten und ein Lehrlingsheim der Österreichischen Jungarbeiterbewegung (ÖJAB) und selbstverständlich Einzelhandel, Gastronomie und Büros sowie ein gemeinsamer Grün- und Freiraum für die Bewohner aller Bauten. Was alle IBAs verbindet? Es ist ein Besiedelungs- und Quartiersmanagement, das für das jeweilige Grätzel fragt: Was braucht es (noch)? Der Stadtplaner Hofstetter spricht im Interview diesbezüglich von „Akkupunkturarbeit“.
Besiedelung als sozialer Prozess
Beachtliche 3000 Wohnungen sollen hier errichtet werden – die besondere Lage direkt beim Badeteich Hirschstetten ist quasi das Tor zum neuen Quartier: „Das Wettbewerbsverfahren Berresgasse ist das größte in der 24-jährigen Geschichte von Bauträgerwettbewerben in Wien“, heißt es im Projektfolder des wohnfonds_wien. Mit Unterstützung der „nonconform ideenwerkstatt“ wurde für das 170.000 Quadratmeter große Gebiet zwischen den Ortskernen von Hirschstetten und Breitenlee das Format der „Entwicklungswerkstatt“ mit allen involvierten Akteuren geschaffen – selbstverständlich auch mit dem bereits vor Ort tätigen Stadtteilmanagement. Hofstetter spricht in diesem Zusammenhang von einer „guten Mischung“, die ein „Quartier der kurzen Wege“ ausmache. In der größenmäßig vergleichbaren Entwicklung der Seestadt Aspern habe man sich auch in Facebook-Foren moderierend eingeschaltet. Hier könne man die zukünftigen Nutzer direkt ansprechen, so Hofstetter – mit dem Ergebnis, dass so manche bislang virtuelle Gruppendynamik mittlerweile realiter ausgehandelt wird. Ab der für 2022 vorgesehenen Fertigstellung sämtlicher Bauteile wird dann die „Grätzelgenossenschaft Hirschstetten-Berresgasse“ hier ein gewichtiges Wort mitreden.
Stichwort „Lebendige Erdgeschoße“: Mit dem Ziel der Entwicklung eines gemeinschaftsfördernden Quartiers unterstützt die IBA_Wien „innovative Konzepte der einzelnen Bauvorhaben in der Berresgasse, die über das eigene Gebäude hinaus auch in die Nachbarschaft wirken sollen“. Workshops sollen etwa die Abstimmung in den Erdgeschoßzonen zwischen Bauträgern und künftigen Nutzern koordinieren. Um eine zentrale Versorgungsstraße sollen sich Geschäftslokale, aber auch Co-Working-Spaces gruppieren, der im Vorjahr eröffnete Bildungscampus Berresgasse ist für ca. 1100 Kinder von null bis 14 Jahren gedacht.
Was bleiben soll
Und was soll von der IBA in Wien bleiben? Hofstetter wünscht sich, dass für die moderierten Gespräche und Entscheidungen in den jeweiligen Quartiersentwicklungen „nicht jedes Mal – mit großem Aufwand – ein neuer Prozess in Gang gesetzt werden muss.“ Der Stadtplaner möchte die dann gelernten Prozesse „im System institutionalisiert“ wissen. Dass er es ernst meint, zeigt etwa auch, dass am 14. Oktober in Kooperation mit dem Architekturzentrum Wien ein Symposium zum Thema neuer Prozesse in der Quartiersentwicklung stattfindet. Übrigens: Gerade in diesem IBA-Quartier käme Building Information Modeling (kurz: BIM) in der Planung schon verstärkt zum Einsatz, verrät Hofstetter: „Bereits in der Bewilligungsphase gibt es hier eine Schnittstelle zur Baupolizei.“
Das System des Wiener Wohnbaus ist traditionell ein „lernendes System“ – ein Teil der angestrebten Institutionalisierung findet daher bereits statt, beispielsweise beim Projekt „An der Schanze“, in anderen Fällen steht das noch aus. (Wie sonst auch, gibt es naturgemäß auch bei „kooperativen Verfahren“ kritische Stimmen.)
Postskriptum: Unbestritten bleibt aber die alte Wiener Weisheit: Durchs Reden kommen d‘Leut zamm.