Nach einer rund dreijährigen Bauphase wird das voll digitalisierte Werk jährlich rund 205.000 Tonnen an anspruchsvollsten Hochleistungsstählen vor allem für die internationale Flugzeug- und Automobilindustrie sowie den Öl- und Gassektor produzieren und über 3000 hochqualifizierte Arbeitsplätze in der Region langfristig absichern. Seit Herbst 2017 laufen die Vorfeldarbeiten für den Bau der neuen Produktionsstätte, die auf einer an das bestehende Werksgelände angrenzenden Grundstücksfläche in der Größe von sechs Fußballfeldern (rund 50.000 Quadratmeter) entsteht. Dazu zählen etwa die Einebnung des Baufeldes, die Herstellung der Energieversorgung in Form von zwei Umspannwerken oder die Errichtung von Zufahrtsstraßen und Montageplätzen. Bis zum Sommer dieses Jahres sollen die ersten Vergaben für den Hallen- und Anlagenbau erfolgen. Ab 2019 ist die Installation der Aggregate geplant. Während der dreijährigen Bautätigkeit werden vor Ort bis zu 1000 temporäre Arbeitsplätze geschaffen.
Wolfgang Eder, Vorsitzender des Vorstandes Voestalpine, erläutert: „In Zeiten globaler Überkapazitäten auch im Spezialstahlbereich forcieren wir mit dem Bau dieses Werkes einmal mehr neue Standards in Bezug auf Technologie und Qualität bei Hochleistungsstählen. Die Entscheidung, die Anlage mit einem Gesamtinvestitionsvolumen von 330 bis 350 Millionen Euro in einem Hochkostenland wie Österreich zu errichten, war alles andere als einfach. Nach intensiver Abwägung aller relevanten Standortfaktoren sind wir jedoch letztlich zur Überzeugung gelangt, dass sich dieses nicht nur für Österreich, sondern auch für Europa außergewöhnliche Investitionsvorhaben hier langfristig rechnen wird. Den entscheidenden Ausschlag haben dabei die Menschen gegeben: Unsere Mitarbeiter, ihr profundes Wissen und ihre Einsatzbereitschaft wiegen letztlich stärker als alle kritischen Aspekte. Wir gehen dabei aber davon aus, dass die zuletzt klaren politischen Signale in Richtung verlässlicher und kalkulierbarer österreichischer, aber auch europäischer Rahmenbedingungen hinsichtlich Klima- und Energiepolitik auch nach dieser Entscheidung unverändert gelten.“ Im Geschäftsjahr 2016/17 erzielte die High Performance Metals Division einen Umsatz von rund 2,7 Mrd. Euro, davon etwa 50 Prozent außerhalb Europas, ein operatives Ergebnis (EBITDA) von 395 Mio. Euro und beschäftigte weltweit rund 13.700 Mitarbeiter.
Mit dieser Großinvestition, die die Basis für die Erhaltung von rund 3000 Arbeitsplätzen in der Steiermark ist, setzt die Voestalpine einen technologischen Meilenstein in der Herstellung zukunftsweisender Hochleistungsstähle für die internationale Luftfahrt-, Automobil- sowie Öl- & Gasindustrie. „Nur auf Basis einer nachhaltig kalkulierbaren Industriepolitik, die mehr ist als ein wahltaktisches Versprechen, werden wir als Unternehmen in der Lage sein, dauerhaft sichere und attraktive Arbeitsplätze zu schaffen und zu erhalten. Mit dem neuen Edelstahlwerk verschaffen wir uns einen einmaligen globalen Innovationsvorsprung – sowohl im Hinblick auf die Digitalisierung unserer Prozesse als auch auf die weitere Qualitätssteigerung unserer Produkte. Wir haben von Anfang an um die Stärken des Traditionsstandortes Kapfenberg gewusst, das Fragezeichen war die Wirtschaftlichkeit im globalen Wettbewerb. Wir freuen uns daher ganz besonders, dass wir unseren rund 3000 hochqualifizierten Mitarbeitern vor Ort und ihren Familien damit attraktive langfristige Zukunftsperspektiven bieten können“, erläutert Eder.
Neu am alten Standort
Der Neubau erfolgt am alten Standort. Die Voestalpine plante mehr als zwei Jahre an dem neuen Gebäude. Das modernste Edelstahlwerk der Welt ersetzt ab 2021 die bestehende Anlage. Mit ausschlaggebend für die Standortentscheidung zugunsten Kapfenbergs waren letztlich auch das hervorragende Forschungsumfeld im Bereich der Metallurgie, die vorhandene Infrastruktur sowie die Nähe zu wichtigen Kunden. „Unser Werk wird jedoch auch ein positives Signal für die europäische Industrie sein, da erstmals seit Jahrzehnten wieder in ein völlig neues Stahlwerk investiert wird. Mit dieser Investition verschafft sich die Voestalpine einen weltweiten Technologie- und Kostenvorsprung bei der Herstellung von Hochleistungsstählen, der es uns ermöglicht, diese Art der Produktion auch auf lange Sicht global konkurrenzfähig an einem traditionellen europäischen Standort erhalten zu können“, so Eder.
Das Hightechwerk ermöglicht die voll automatisierte Herstellung von Werkzeug- und Spezialstählen für anspruchsvollste Anwendungen. Diese kommen als Ausgangswerkstoff etwa für die Weiterverarbeitung zu höchst belastbaren und gewichtssparenden Flugzeugteilen, widerstandsfähigsten Werkzeugen für die Automobilindustrie, Equipment für die anspruchsvolle Öl- und Gasexploration oder für die Fertigung von Komponenten im 3D-Druckverfahren zum Einsatz. Die High Performance Metals Division des Voestalpine-Konzerns ist auf die Produktion und Verarbeitung von Hochleistungswerkstoffen und kundenspezifische Services wie Wärmebehandlung, hochtechnologische Oberflächenbehandlung und additive Fertigungsverfahren fokussiert. Sie bietet ihren Kunden durch ihr einzigartiges Vertriebs- und Servicenetzwerk an rund 160 Standorten weltweit Materialverfügbarkeit und -bearbeitung sowie lokale Ansprechpartner. Die Division ist globaler Marktführer bei Werkzeugstahl und einer der führenden Anbieter von Schnellarbeitsstählen, Ventilstählen und anderen Produkten aus Spezialstählen, Pulverwerkstoffen, Nickelbasislegierungen sowie Titan. Wichtigste Kundensegmente sind die Bereiche Automobil, Öl- und Gasexploration, Maschinenbau sowie die Konsumgüterindustrie und die Luftfahrt.
Neue Maßstäbe im Klimaschutz
Auch bei Umwelt- und Energieeffizienz wird die neue Anlage die weltweite Benchmark darstellen. Geschlossene Kühlwasserkreisläufe sowie effiziente Wärmerückgewinnungs- und Entstaubungssysteme sorgen für den schonenden Umgang mit Ressourcen bzw. die Minimierung von Emissionen. Das Herzstück der Anlage ist ein Elektrolichtbogenofen, der auf Basis von elektrischem Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energiequellen hochreinen Schrott und Legierungen zu flüssigem Material erschmilzt. Die Produktionskapazität liegt bei rund 205.000 Tonnen Hochleistungsstählen pro Jahr. Die hochmoderne Anlage wird hinsichtlich digitalisierter Produktionsabläufe internationale Standards setzen. Rund 8000 Prozessdaten sollen laufend parallel erfasst und umgesetzt bzw. ausgewertet werden. „Der hohe Digitalisierungsgrad des neuen Edelstahlwerkes ist die Voraussetzung dafür, unsere Kunden künftig mit noch höheren Werkstoffqualitäten versorgen zu können und so unsere globale Marktführerschaft bei Werkzeug- und Spezialstählen weiter auszubauen. Die entsprechende Entwicklungsarbeit sowie die Qualifizierung unserer Mitarbeiter in den Bereichen Robotik, Sensorik oder Datenanalyse erfolgt über unser eigenes Kompetenzzentrum für Digitalisierung unmittelbar am Standort des Werkes“, ist Eder überzeugt.