metalljournal.at Technik & Werkstoffe

Werkstoff mit Potenzial

Norsk Hydro ASA
Das Gebäude aus Aluminium mit dem Spitznamen „Bergkristall“ ist zu 90 Prozent energieautark.
Norsk Hydro ASA

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Aluminium zu einem der wichtigsten Leichtbauwerkstoffe im Transportwesen (Automobil, Schienenfahrzeuge, Schiffbau u. a.) entwickelt.

von: Prof.Dr.-Ing. Jürgen Hirsch

Aluminium ist das am häufigsten vorkommende Metall in der Erdkruste. Dennoch wurde es erst relativ spät entdeckt und gewonnen, denn seine Erzeugung erfordert einen aufwendigen und energieintensiven (13–15 kwh/kg) Elektrolyseprozess. Dies erklärt, dass seine Produktion erst im späten 19. Jahrhundert begann und sich zunächst auf bestimmte, oft militärische Anwendungen (z. B. Flugzeuge, Zeppeline) beschränkte, die in den beiden großen Weltkriegen von entscheidend strategischer Bedeutung waren. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begannen dann weiterführende breitere (zivile) Anwendungen mit hohen Wachstumsraten. Seit der Mitte des letzten Jahrhunderts wächst die Aluminiumproduktion mit einer jährlichen Rate von einer halben Million Tonnen, die – bis auf wenige Ausnahmen (Wirtschaftskrise) – noch immer weiter anwächst und sich in diesen und den kommenden Jahren sogar noch deutlich beschleunigen wird.

Da Aluminium selbst eine schützende Oxidschicht bildet (die sich sofort wieder bildet, wenn es oberflächlich gestört oder zerkratzt wird), ist es im alltäglichen Gebrauch sehr korrosionsbeständig. Diese Eigenschaft kann durch verschiedene Arten der Oberflächenbehandlung weiter verbessert werden. Dies verlängert die Lebensdauer von Aluminium z. B. in Autos und Gebäuden und reduziert den Wartungsaufwand – und wirkt sich auch positiv auf die Umweltauswirkungen in Bezug auf Austausch und Wartung aus.

Einfache Verarbeitung

Reines Aluminium und viele seiner gängigen Legierungen sind sehr duktil und können auf verschiedene Arten be- und verarbeitet werden – sowohl in kaltem als auch in warmem Zustand. (Es hat einen niedrigen Schmelzpunkt.) Seine z. T. hohe Duktilität ermöglicht dort eine flexible und teilweise extreme Leichtbaukonstruktion sowie die Integration in aktuellen Anwendungen in den verschiedenen Bereichen der Transport- und Bauindustrie.

Undurchdringlich, nicht brennbar

Als Aluminiumfolie ist das Material vollkommen undurchlässig und lässt weder Licht noch Gas durchdringen, selbst wenn sie auf eine Dicke von nur 0,005 mm abgewalzt wird, was das Aroma erhält und die verpackte Substanz, H-Milch, Säfte u. Ä. lange frisch hält, auch ohne zusätzliche Külung. Außerdem ist das Metall selbst nicht toxisch und setzt keine Aroma- oder Geschmacksstoffe frei. Aluminium wird daher häufig für Verpackungen von Nahrungsmitteln und Getränken verwendet. Die effiziente Konservierung von Lebensmitteln reduziert deren Verschwendung, was einen wichtigen Umwelt- und Ressourcenvorteil darstellt. Darüber hinaus senkt das geringe Gewicht der Verpackung die Energiekosten beim Transport. Aluminium, das in Gebäuden, Konstruktionen und Transportmitteln verwendet wird, ist nicht brennbar. Es verbrennt nur in einer feinen Pulverform (wie viele andere Substanzen auch). Reines Aluminium schmilzt bei Temperaturen ab 660 °C – ohne dabei Gase freizusetzen.

Leicht zu recyceln

Das Wiederaufschmelzen von Aluminium erfordert wenig Energie und der Metallverlust im Umschmelzprozess beträgt weniger als 3 Prozent. Lediglich etwa 5 Prozent der Energie, die zur Herstellung des Primärmetalls benötigt wird, werden im Recyclingprozess aufgebracht. Rund 75 Prozent des jemals produzierten Aluminiums werden heute noch verwendet und bilden eine Ressourcenbank für die Zukunft.

Aluminium im Transport

Aufgrund seines geringen Gewichts, seiner guten Umformbarkeit und Korrosionsbeständigkeit ist Aluminium das Material der Wahl für viele Leichtbauanwendungen im Transportsektor, der etwa 19 Prozent des weltweiten Energiebedarfs ausmacht. Die Verwendung von Aluminium hilft, das Gewicht von Flugzeugen, Autos, Bussen, Lastwagen, Fahrrädern, Zügen und Booten deutlich zu reduzieren, was den Energieverbrauch während der Nutzung positiv beeinflusst. So werden die zusätzliche Energie und entsprechende Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung von Aluminium im Vergleich zu alternativen Materialien entstehen, über den Lebenszyklus des Produkts zurückgewonnen und z. T. noch mehr eingespart.

Eine Gewichtsreduzierung durch Aluminium ist eine kosteneffiziente Möglichkeit, die Reichweite des Elektrofahrzeugs zu erweitern, und wird somit zu einem Schlüsselfaktor für Elektrofahrzeuge werden, um Marktakzeptanz, -wachstum und Rentabilität zu erreichen.

Aluminiumlegierungen, durch geeignete Variationen in der chemischen Zusammensetzung und Verarbeitung maßgeschneidert, erfüllen viele der vielfältigen Anforderungen, z. B. die naturharten Al-Mg-Legierungen, die im Automobilfahrwerk und in Hochgeschwindigkeitsschiffen für eine hervorragende Beständigkeit gegen interkristalline „IC“-Korrosion und gleichzeitig hohe Festigkeit oder Korrosion optimiert sind, oder die aushärtbaren Al-Mg-Si-Legierungen für Strangpressprofile in der Konstruktion von Space-Frames, Bussen und Zügen und verbesserte Blechwerkstoffe für optimale Umformung und Aushärtung. 

Aluminium in Gebäuden

Aluminium in Anwendungen in Bau und Architektur ist ein wachsender Markt. Nicht nur für extreme architektonische Gestaltung und sehr hohe Gebäude, die wartungsfreie Oberflächen erfordern, sondern auch für gewöhnliches Haus- und Dachdesign gewinnt Aluminium kontinuierlich an Bedeutung und die Marktanteile wachsen. Gebäude verbrauchen ca. 40 Prozent des weltweiten Energiebedarfs und sind somit weltweit die größte Energieverbrauchergruppe, hauptsächlich in den Bereichen Heizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung. Aluminium hat Eigenschaften, die genutzt werden können, um energieeffizientere Gebäudesysteme und eine geeignete Energierückgewinnung zu schaffen. Das Bild links oben zeigt die Monte-Rosa-Hütte, die mit Aluminium als Nullenergiegebäude errichtet wurde.

 

Aluminiumbasierte Fassadenlösungen werden für energieeffiziente Gebäude entwickelt, in denen die „Haut“ viele Funktionen wie Sonnenschutz, thermische und photovoltaische Energieerzeuger, Sensoren und Motoren beinhaltet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für Aluminium als Baumaterial in Gebäuden, um innovative Designs zu schaffen und den Energieverbrauch zu senken, sogar solche, die Energierückgewinnung ermöglichen. Unter durchschnittlichen Bedingungen werden die CO2-Einsparungen während der Nutzung die CO2-Emissionen der Produktion in weniger als einem Jahr übersteigen, selbst wenn Primärmetall verwendet wird. Noch besser ist die Bilanz für recyceltes Aluminium. Dabei ist anzumerken, dass am Ende seiner Nutzungsdauer fast das gesamte Aluminium aus einem Gebäude wiedergewonnen und wiederverwendet wird.