350 Portraits

Justus Dahinden (1925 – 2020)

© Christian Känzig
© Christian Känzig

Ein außergewöhnlicher Mensch, der außergewöhnliche Architektur schuf: Justus Dahinden hatte ein eigenes Verständnis der Dinge rund um Raum, Körper und Formen, das ihn einzigartig machte.

Es gelang ihm, seinen unverkennbaren Baustil zu kreieren, ohne modisch zu sein, ein Stil, der durchaus als eigenwillig, einfühlsam und originell, vielleicht sogar als „schräg“ gelten darf.

Mit einer Schräge begann auch seine Karriere von internationalem Ruf: Das Ferien­haus auf der Rigi, das auch als „Nur-Dach-Haus“ bezeichnet wird und ganz ohne vertikale Außenwände auskommt, scheint über dem Hang zu schweben. Von Regeln ließ sich Justus Dahinden niemals einengen, er sah sie vielmehr als Herausforderung und reizte alle Möglichkeiten aus. So wurde auch das Ferro-Haus am Zürcher See mit Stahl-Glas-Fassade und Pyramiden-Form zum Meilenstein der Architektur der 70er-Jahre.

Justus Dahinden war ein tiefgläubiger Mensch. Aus diesem Grund faszinierte ihn der Sakralbau ganz besonders. 1965 verzeichnete er mit der Katholischen Kirche Herz-Jesu im Schweizer Buchs einen seiner ersten Wettbewerbserfolge. Das charakteristische Merkmal sind die beidseitigen Sichtbetonflächen der Gebäudehülle. Über 30 Kirchen baute er auf der ganzen Welt, zu seinen schönsten zählt die Kirche Maria Krönung in Zürich-Witikon mit ihrer runden Konfiguration. Am 11. April 2020 ist Justus Dahinden – kurz vor seinem 95. Geburtstag – verstorben. Er war eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Nachkriegsarchitektur und bleibt – auch bei seinen Studenten der TU Wien – als großer Denker und einzigartige Inspirationsquelle in Erinnerung.

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