1548 entwickelte Philibert de l’Orme ein Tragsystem, bei dem mehrere Lagen hochkant stehender Bretter oder Bohlen versetzt nebeneinander angeordnet und mithilfe von Schwalbenschwanzverbindungen aus Hartholz zusammengesetzt wurden. Auf Basis dieser Konstruktion entwickelte Friedrich Zollinger ab 1904 eine neue Bauweise für Dächer, bei der er die einzelnen Lamellen nicht mehr linear zum Träger, sondern netzförmig anordnete und so ein Flächentragwerk bildete. Dass man mithilfe von Geraden auch eine gekrümmte Fläche erzeugen kann, lernt heute jeder HTL-Schüler. Entwickelt hat die Methode der „Regelflächen“ der Franzose Jean Nicolas Pierre Hachette Anfang des 19. Jahrhunderts. Ein Meister des 20. Jahrhunderts in der Disziplin der mehrfach gekrümmten Dachflächen war zweifelsohne der deutsche Architekt Frei Otto. Seine Holzgitterschale, die die 1975 fertiggestellte Multifunktionshalle in Mannheim in Form von zwei ineinander übergehenden Kuppeln überdacht, besteht aus Holzdachlatten im Querschnitt 50 mal 50 Millimeter und überspannt bis zu 60 Meter.
Gekrümmte Flächen
Nach demselben Prinzip haben Graft Architekten gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Schlaich Bergermann + Partner das Dach für die 2017 fertiggestellte Feuersteinarena in Wernigerode entworfen. Ziel der Architekten war es, das 2300 Quadratmeter überspannende geschwungene Dach so schlank wie möglich aussehen zu lassen. Sie wählten deshalb Stahl als Grundkonstruktion und Stahlseile für die Dachfläche. Geplant und produziert wurde die zweifach gekrümmte und verwundene Form des Kastenrandträgers mit einer Spannweite von 73 Metern und einer Breite von 44 Metern vom österreichischen Stahlbauunternehmen Zeman. 60 Seile und 660 Seilknotenpunkte bilden das Gerüst für eine Dachmembran aus Glasfasergewebe.