365 Wettbewerbe realisiert Projekte

Nach allen Seiten einladend

Alle Fotos: © Andrew Phelps
Alle Fotos: © Andrew Phelps

Gemeindezentrum + Haus der Gesundheit Vöcklamarkt / sps÷architekten

Die oberösterreichische Marktgemeinde Vöcklamarkt ist ein Standort der Holzindus­trie. Passend daher, dass das neue Gemeindezentrum zu einem Großteil in massiver Holzbauweise errichtet wurde. Im Ober­geschoß sitzt das Amtshaus als Holzkonstruktion. Im Westflügel befindet sich im Erd­ge­schoß der Veranstaltungssaal in mineralischer Massiv­bau­weise. Die Unterscheidung zwischen dem Erdgeschoß in Beton und dem als Holzkonstruktion ausgeführten Obergeschoß folgt einem Schema, das in der Baukunst des Alpenraums auf eine lange Tradition zurückblicken kann.

Neutraler Charakter
2019 hatte die Gemeinde einen Gestaltungswettbewerb ausgelobt, den ­sps÷architekten aus Thalgau im Flachgau gewannen. Der Entwurf erzeugt in seiner einfachen Setzung eine raffinierte städtebauliche Wirkung und zeigt nach allen Seiten einladende Präsenz. Vor allem das Foyer und der Mehrzwecksaal können die überdachten Vorbereiche gut einbeziehen.

Die multifunktionale Auslegung eines Gebäudes hat ihren Preis. Formale Gestaltungselemente, die den Zweck eines Bauwerks repräsentieren, können nur sehr zurückhaltend formuliert werden. Dement­sprechend verzichtet das neue Amtshaus in Vöcklamarkt auf bedeutungsvolle Gesten zugunsten eines neutralen, seine Funktionen in den Mittelpunkt rückenden Charakters. Trotz dieser gestalterischen Zurückhaltung gelang es den Architekten, mit wenigen, bewusst eingesetzten Mitteln eine Architektur zu schaffen, die nicht nur den baulichen Maßstäben des Ortes entspricht, sondern die im äußeren Erscheinungsbild die drei Hauptfunktionen Amtshaus, Veranstaltungssaal und Haus der Gesundheit differenziert.

Mineralisch-hölzerner Hybridbau
Das Gebäude gliedert sich in zwei weit gespann­te, zweigeschoßige Gebäudeflügel. Die Fassade des als Holzkonstruktion ausgeführten Obergeschoßes im Westflügel besteht aus bündig gesetzten Latten, die ein feines, farblich abwechslungsreiches Vertikalrelief erzeugen. Beim zweigeschoßigen Haus der Gesundheit im Ostflügel verlaufen die Fassadenlatten zäsurlos über die gesamte Gebäudehöhe. Auch der Ostflügel ist als Hybrid aus mineralischer Massiv- und Holzbauweise ausgeführt. Zwischen West- und Ostflügel sitzt die zentrale, von zwei Seiten aus zugängliche Eingangshalle. Da die Halle als Durchgang von der Süd- zur Nordseite funktioniert, wurde eine Riegelwirkung des Gebäudes verhindert. Die zentrale Position der Halle schafft große Transparenz und Durchlässigkeit zum Stadtraum und minimiert effektiv die Erschließungs- und Wegeflächen im Inneren.
Vor allem beim Amtshaus wurde die primäre Holzkonstruktion zum sichtbaren Ausgangspunkt für die Strukturierung der Büro­flächen und der Wandgestaltungen. Die konstruktiv-strukturellen Qualitäten der Holzbauweise werden konsequent zum Ausgangspunkt der Raumgestaltung.

Projekt
Gemeindezentrum + Haus der Gesundheit Vöcklamarkt, Dr.-Schreiber-Straße 1, 4870 Vöcklamarkt

Bauherr
Marktgemeinde Vöcklamarkt Bürgermeister Alois Six, 4870 Vöcklamarkt

Architektur/Generalplanung
sps÷architekten ZT GmbH, Thalgau
Projektleitung: Dirk Obracay

Grünraumplanung
Thomas Burger – Garten, Palting/Mattsee

Statik Holzbau
ConLignum ZT GmbH, Rottenmann

Statik Massivbau
GDP ZT GmbH, Graz

Bauphysik
DI Graml Ziviltechnik, Elixhausen

Elektroplanung/Haustechnik
Energie Technik Ing. Mario Malli Planungs-GmbH, Vöcklabruck

Baumeister/Holzbau
Bau Pesendorfer GmbH, Vöcklamarkt

Projektdaten
Nutzfläche: 1515 m²
Bruttogeschoßfläche: 1697 m²
Bruttorauminhalt: 7610 m3

Projektablauf
Wettbewerb 07/2019
Planungsbeginn 10/2019
Baubeginn 03/2021
Fertigstellung 06/2022

Materialien
Brettsperrholz Brettschichtholz (KLH Massivholz), Stahlbeton, Sandwichelemente (Betonfertigteile Gerstl Bau)
Fassade: Pfosten-Riegel-Lärchenfassade, Sichtbeton
Dämmmaterial: Mineralwolle
Innenwände: Brettschichtholz,  Stahlbeton, Trockenbau (DBS Dry Building Systems)
Innentüren: Holz (Tischlerei Füreder)
Wandverkleidungen und Möbeltischler: Tischlerei Scheschy
Bodenbeläge: Parkett (Scheucher Holzindustrie), Fliesen (Sanitärbereiche), Naturstein (Stiegenhaus)
Bürotrennwände: Alois Scheicher
Mobile- und Sanitärtrennwände: Dorma Hüppe Austria
Akustikdecke: Knauf
Schalter: Gira
Beschläge: Franz Schneider Brakel, Dormakaba Austria

Wettbewerbsdokumentation
ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE 6/2019 (347)  

Der Artikel als PDF