„My home is my castle“ – nach diesem Motto stellt das Einfamilienhaus für die meisten Menschen nach wie vor das Idealbild des Wohnens dar. Diesem verständlichen Wunsch nach einem eigenen Dach über dem Kopf stehen in den industrialisierten Ländern allerdings einige Probleme gegenüber. In dicht besiedelten Gebieten ist es vor allem der Flächenbedarf eines Hauses samt Garten und damit verbunden auch die dafür notwendige Infrastruktur, also die Erschließung durch Verkehrswege, Kanal, Wasser und Strom. Der dringend notwendige Kampf gegen steigende CO2-Emissionen wird dadurch erschwert. Pro Tag werden in Österreich rund 13 Hektar Boden neu verbaut, das entspricht der Größe von etwa 20 Fußballfeldern. Diese Versiegelung bringt weitere ökologische Probleme mit sich: Landwirtschaftliche Nutzflächen gehen ebenso verloren wie Natur- und Grünflächen und damit Lebensräume für viele Tierarten. In einigen Lebensbereichen hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden – anstatt etwas wegzuwerfen, denkt man wieder an Reparaturen. Ein ähnlicher Mindset könnte die zunehmende Zersiedelung und Flächenversiegelung im Wohnbereich eindämmen. Da ist einerseits die Politik gefordert – mit entsprechenden Raumordnungsmaßnahmen können Sanierung und Nachverdichtung statt Neubau auf der grünen Wiese gefördert werden. So werde in vielen Gemeinden immer noch Grünland auf Bauland umgewidmet, auch wenn es noch etliche unbebaute Grundstücke gibt, mahnte etwa das Österreichische Ökologieinstitut im Vorjahr. Eine Verknappung der Neubauflächen könnte Bestandsimmobilien interessanter machen, meint man dort.
Neues aus Altem kreieren
Mit durchdachter Planung kann das Potenzial, das in alten Häusern steckt, mittels Um- und Zubauten neu geweckt werden. Zugleich tut man etwas gegen die Flächenversiegelung.
Kreative Geister
Zugleich gibt es in den Gemeinden viele alte, reparaturbedürftige oder überhaupt leer stehende Häuser. Mit einer gezielten Sanierungsoffensive können zwei Fliegen mit einer nachhaltigen Klappe erledigt werden: kein zusätzlicher Flächenverbrauch und die Altbauten werden auch bauphysikalisch und energetisch auf den neuesten Stand gebracht. Dass mit einer durchdachten und gut geplanten Sanierung selbst aus Nachkriegsbausünden architektonisch interessante Häuser werden können, zeigen wir nicht zuletzt auf den folgenden Seiten. Selbst Fertigteilhäuser aus dem Katalog lassen sich mithilfe engagierter Architekten „pimpen“. Das Wiener Architekturbüro Runser / Prantl wurde mit der Planung einer Überdachung des Autoabstellplatzes und der Errichtung einer Terrasse für ein Fertigteilhaus aus den Achtzigerjahren in Klosterneuburg beauftragt. Das Dach ist als Stahlbetonkonstruktion ausgeführt, zusätzlich zur Terrasse wurde auch der Eingangsbereich gestaltet. Am Bestandsgebäude wurden der bestehende Balkon formal erleichtert und der Verputz lichtgrau erneuert.
Das Grazer Architekturbüro Missoni Architects wiederum konnte ein Einfamilienhaus aus dem Jahr 1949, das über die Jahrzehnte einige kleine und große Umbauten erlebt hat, aufwerten. Der Altbestand mit klassischem Satteldach wurde 2017 umfassend saniert. Das verputzte und weiß gestrichene Hauptgebäude wurde um einen monolithischen Holzbau mit Flachdach erweitert, darüber hinaus wurde das Dachgeschoß über die gesamte Grundrissfläche ausgebaut. Beide Projekte zeigen anschaulich das Potenzial, das in der Sanierung alter Bausubstanz steckt. Es muss nur von den richtigen kreativen Geistern geweckt werden.
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- Klassisch modern
- Viel Licht und viel Holz