369 Wettbewerbe
Foto bereitgestellt
Foto bereitgestellt

Neues Landgut – Baufeld 11, 1100 Wien

Die ÖBB beabsichtigen, Wohnungen für den Eigenbedarf zu errichten. Zielgruppe sind bestehende und zukünftige Bedienstete der ÖBB, für welche die Wohnungen einen zusätzlichen Anreiz zur Bindung an das Unternehmen bieten sollen.

von: Redaktion

Über spezielle Ausstattungsqualitäten innerhalb der Wohnungen soll insbesondere die Lebensqualität von Bediensteten im Schicht­ und Turnusdienst erhöht werden. Die Wohnungen werden über ein sozial gestaffeltes Mietsystem an das Dienstverhältnis gekoppelt und der Hauptwohnsitz muss begründet werden.

Entwicklungsgebiet Neues Landgut

In der Nähe des Wiener Hauptbahnhofs und damit hervorragend an den öffentlichen Verkehr angebunden entsteht bis voraussichtlich 2027 ein neues Stadtviertel. Auf einem neun Hektar großen Gebiet werden 1500 Wohnungen gebaut. 2023 eröffnet ein Bildungscampus für 1300 Kinder und Jugendliche, der zusammen mit der Wohnbebauung einen hochwertigen, etwa einen Hektar großen Freiraum umschließt. Die historische Gösser­ und Inventarhalle sollen neuen Nutzungen zugeführt werden. Der Hauptzugang in das Quartier wird über einen urbanen Platz auf Höhe des Columbusplatzes erfolgen.

Gegenstand des Wettbewerbs war das Baufeld 11 mit einer bebaubaren Fläche von 2270 Quadratmetern.

Ausloberin und Vergabestelle
ÖBB Infrastruktur AG/ÖBB Wohnprogramm Praterstern 3, 1020 Wien

Wettbewerbsbüro/Vorprüfung
next­pm ZT GmbH, 1010 Wien

Art des Verfahrens
EU­weit offener, einstufiger Realisierungswettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren im Oberschwellenbereich gemäß BVergG 2018

Gegenstand des Wettbewerbs
Erlangung von Planungskonzepten für das Baufeld 11 im Stadtentwicklungsgebiet Neues Landgut,
1100 Wien

Preise
Es werden ein 1., ein 2. und ein 3. Preis sowie drei Anerkennungspreise dotiert:
1. Preis netto € 40.000,–
2. Preis netto € 30.000,–
3. Preis netto € 20.000,– Anerkennungspreise je netto € 10.000,–

Wettbewerbsgebiet

Beurteilungskriterien
Städtebauliche Lösung
Baukünstlerische Lösung
Funktionelle Lösung
Nachhaltigkeit
Freiraumqualität samt mikroklimatischer Maßnahmen − Wirtschaftlichkeit in Errich- tung, Betrieb und Erhaltung

Preisgericht (ohne Titel)
Lina Streeruwitz, Architektin Paul Katzberger, Architekt Markus Pendlmayr, Architekt Norbert Steiner
Roland Krebs, Stadtplaner
Anna Detzlhofer, Landschaftsplanerin Norbert Pokorny, BV 10. Bezirk Sigrid Nitsch, ÖBB Infra
Martin Scheiflinger, ÖBB Immobilien Franz Riedler, ÖBB Infra
Bettina Gusenbauer, ÖBB Holding

Preisgerichtssitzungen
07.11.2022

1. Rang

Projekt 14

KRONAUS MITTERER ARCHITEKTEN
Wien/Zell am Ziller
Gegründet 2017
kronaus-mitterer.at

Martin Belkovsky, Radoslaw Matusiak, Dina Elsadi, Svenja Wirz
Modellbau: Harry Schmidt – Design&Function
Visualisierung: Janousek & Havlicek visualisations

Projektbeurteilung (Auszug Juryprot.)

Städtebauliche Lösung

Städtebaulich überzeugt das Projekt durch eine sehr klar strukturierte Form: Der Hof öffnet sich nach Süden trichterförmig und schafft so einen attraktiven Binnenraum. Die Aufweitung wird durch die Terrassierung der beiden Flügel verstärkt, sodass ein sehr großzügiger Gesamteindruck entsteht. Insgesamt bietet das Projekt ein sehr stimmiges Gesamtbild, das sich eigenständig und selbstverständlich ins Quartier einfügt. Das Erdgeschoß ist im Mittelteil durch einen Durchgang bis zur Böschung unterbrochen, der die Luftzirkulation unterstützt. Wohnungen und Eigengärten sind nach außen orientiert; zum Hof finden sich zwei „Mietflächen“, die auch Potenzial als Gemeinschaftsräume oder zusätzliche Fahr­ radräume haben. Lediglich die Positionie- rung der Tiefgaragenrampe an der Ecke zum Hof wird als nachteilig beurteilt – hier wäre eine belebende Nutzung wünschenswert. Die Höhenabstufung in Schritten von drei Geschoßen ist sehr überzeugend. Entlang der Bahn entsteht dadurch eine starke Silhouette, die der ansonsten sehr zurück- haltenden Fassade ein elegantes Auftreten gibt.

Baukünstlerische Lösung

In der architektonischen Erscheinung ist das Projekt ganz eindeutig von seiner Materialisierung in Holz geprägt. Entlang der Bahn und auch nach Süden sind die Fassaden zurückhaltend, wobei Begrünung oder Photovoltaik wünschenswert wären. Dafür sind die Fassaden zu den Gassen durch die orthogonalen Rücksprünge facettiert, die Fassaden zum Hof durch die Terrassierung. So ergibt sich ein sehr ansprechendes und vielseitiges Bild rundum.

Funktionelle Lösung

Die Erschließung der Wohnungen ist kompakt und geradlinig. Zwei Kerne sind durch einen Laubengang zum Hof verbunden, der in jedem zweiten Geschoß der Balkon der Maisonetten ist. Von den Kernen führen Stichgänge bzw. ein Mittelgang zu den Wohnungen in den südlichen Flügeln. Teilweise sind die Wohnungen recht tief, was jedoch in den oberen Geschoßen durch die Terrassierung abgemindert wird. Die Großzügigkeit des Binnenraums geht hier leider durch hohe Trakttiefen teilweise auf Kosten der Wohnqualität. Positiv hervorzuheben sind die Maisonetten im Mitteltrakt, die die Lage an der Bahn durch Querorientierung und zusätzliche Freiräume ausgleichen.

Das Angebot von schichtarbeitgeeigneten Wohnungen ist nicht in der möglichen Tiefe ausgearbeitet, wobei eine Umsetzung leicht machbar scheint. Alle Wohnungen verfügen über großzügige Freiräume, wobei dreieckige Zuschnitte noch einer Optimierung im Detail bedürfen.

Freiraumqualität

Der Freiraum profitiert von der Großzügig- keit der Konfiguration, wobei der Kinder­ und Jugendspielplatz nicht eindeutig ver­ ortet wird. Das Potenzial des Durchgangs als Aufenthalts­ und Spielbereich ist nicht ausgeschöpft. Die Durchlässigkeit in Richtung Bahn ist auch für das Mikroklima sehr günstig. Der Versiegelungsgrad erscheint höher als notwendig, wobei der grüne Charakter des Hofs sehr positiv beurteilt wird. Die vergleichsweise kleine Gemeinschaftsterrasse wird durch den angrenzenden Gemeinschaftsraum belebt.

Nachhaltigkeit

Die Umsetzbarkeit in Holz­Hybrid­Bauweise scheint durch die klare Strukturierung der Baukörper sehr plausibel. Im Bauteil mit Fluchtniveau über 22 m setzt sie allerdings den Einsatz einer Sprinkleranlage voraus. Zusammen mit der verhältnismäßig geringen Nutzfläche stellt das Projekt also eine gewisse Herausforderung an die Wirtschaftlichkeit dar. Dafür lässt die klare Struktur eine effiziente Bauweise mit hohem Vorfertigungsgrad erwarten. Das Gebäude ist durch die kompakte Form sehr energieeffizient, wenn sich dadurch auch ein hoher Anteil einseitig orientierter Wohnungen ergibt.

Wirtschaftlichkeit

Die vom Typus sehr effiziente Erschließung wird durch innen liegende Nebenräume und einen Lichthof ergänzt, um in den unteren Bereichen die Trakttiefen zu reduzieren, was sich in einem nicht so günstigen NF/BGF­Verhältnis widerspiegelt. Die sehr hochwertige Gestaltung der Fassade und die Notwendigkeit einer Sprinkleranlage bedeuten zusätzliche Kosten in Errichtung und Erhalt, die aber bei einem Pilotprojekt zu erwarten sind. Andererseits ermöglicht die klare Struktur der Wohnungen und der daraus resultierenden Tragstruktur einen hohen Vorfertigungsgrad, der eine wirtschaftliche Errichtung verspricht.

KRONAUS MITTER ARCHITEKTEN

Seit 2017 arbeiten Christian Kronaus und Peter Mitterer gemeinsam an Projekten und Wettbewerben in den Bereichen öffentliche Gebäude, Schulbau, Wohnbau und Interior Design.

Wettbewerbsgewinne:

  • Bildungscampus Nordwestbahnhof (2023)

  • Wien Holding Arena, Wien (gem. mit Arch. Reinhardt Gallister) Ausgabe 354 – 1/ 2021

  • Haus der Digitalisierung, Tulln (2019)

  • Veranstaltungssaal Großenzersdorf (2017)

Kronaus Mitterer Architekten
Wien, Zell am Ziller // Gegründet 2017
kronaus-mitterer.at