Roher Beton, nackt und ungeschminkt. Kein verschämtes Verstecken hinter Verkleidungen, keine Behübschungen, einfach das Material zeigen, wie es sich nach dem Ausschalen auf der Baustelle präsentiert. Die Liebe vieler Architekturschaffenden zum Sichtbeton erwidert die Industrie gerne mit der Verleihung von Preisen für brutalistische Bauwerke.
Das deutsche Informationszentrum Beton verleiht in Kooperation mit dem Bund Deutscher Architekten alle zwei Jahre den Architekturpreis Beton. Gewürdigt werden herausragende Leistungen der Architektur und Ingenieurbaukunst, deren Qualität von den gestalterischen, konstruktiven und technologischen Möglichkeiten des Baustoffs Beton geprägt ist. Beim bislang letzten Bewerb 2017 wurden vier gleichrangige Preise sowie vier Anerkennungen verliehen. Einer der Preisträger ist das 1987 in Zürich gegründete Architekturbüro von Marcel Meili und Markus Peter mit der 2015 fertiggestellten Erweiterung des Sprengel Museums in Hannover. An das 1979 von den Kölner Architekten Trint und Quast entworfene Museum haben die Schweizer einen lang gestreckten eleganten Quader aus anthrazitfarbenem Sichtbeton angefügt, der, um die unterschiedlichen Zugänge und Höhenebenen mit den Räumen der Sammlung und der tiefer liegenden Ebene der Museumsstraße zu vereinen, ein sich drehendes, plastisches Gebilde wurde. Das Gebäude schließt sich mittels einer Rampe mit frei ausschwingender Stiege an den hohen, geböschten Sockel des Altbaus an und kragt auf einem tief eingezogenen verglasten Sockel vor. Das Äußere des Zubaus gibt bis auf die im Sockelbereich rundum geöffneten Büro- und Werkstatträume und drei verglaste Loggien im Obergeschoß keine Hinweise auf die innere Erschließung, sondern entwickelt durch die Fassadengestaltung mit fünf verschiedenen Reliefschichten ein Eigenleben im städtischen Raum. Die Bänderung, teils poliert, teils im Rohzustand des Betons belassen, zieht sich um das gesamte Gebäude. Die zehn Ausstellungsräume mit Wänden aus anthrazitfarbenem Sichtbeton sind abwechselnd leicht schräg aus den rechtwinkligen Achsen des Hauses verschoben.
Für ein Wohnhaus in der baden-württembergischen Gemeinde Pliezhausen erhielten die Stuttgarter Steimle Architekten ebenfalls einen Preis. Das markante, monolithisch aus Dämmbeton gestaltete Wohnhaus befindet sich an einer ruhigen, wenig befahrenen Straße. Als preiswürdig und zukunftweisend bewertete die Jury vor allem die Verwendung von Leichtbeton mit Blähtonzuschlag. So konnten die 50 Zentimeter starken Außenwände als Massivkonstruktion errichtet werden. Während das kristallin geformte Haus mit seinen parallel geführten Längsseiten noch den vorhandenen baulichen Kontext aufgreift, hebt es sich durch seine spitz zulaufenden Schmalseiten deutlich von seinen Nachbargebäuden ab. Zum Straßenraum hin zeigen sich lediglich wenige, tief in die massive Betonschale eingeschnittene Öffnungen.