Ein „Projekt, welches die Aufgabenstellung in poetischer Art und Weise räumlich transportiert“ – so urteilte im Februar 2015 die Wettbewerbsjury über den Beitrag von Marte.Marte Architekten zur neuen niederösterreichischen Landesgalerie in Krems. Die Aufgabenstellung, deren Lösung die Jury unter der Vorsitzenden Elke Delugan-Meissl zu beurteilen hatte, das war die Erweiterung der Kremser Kunstmeile. Es sollte ein Gebäude geschaffen werden, das zwei bisher als Einzelstandorte wahrgenommene Kulturbauten, die Kunsthalle von Adolf Krischanitz und das Karikaturmuseum von Gustav Peichl, mit einem zentralen Haupteingang verbinden sollte.
Die Poesie, das ist die Choreografie des Stadtraums, die durch eine sich im Kreis drehende Skulptur bewerkstelligt wird. Eine zentrale Achse bildet das Rückgrat der neuen Landesgalerie, um die herum sich die vier oberirdischen Geschoße wie Teile
eines Fächers nach oben schrauben. Verhüllt werden die sich aus dieser Drehung ergebenden hyperbolischen Fassaden mit Metallschindeln aus Titanzink, „irisierend wie ein Paillettenkleid“, wie die Jury, selbst ganz im Geist der Poesie gefangen, anmerkte.
Knapp vier Jahre nach der entscheidenden zweiten Jurysitzung ist es nun so weit. Im Dezember 2018 fertiggestellt, fand Anfang März 2019 das erste Pre-Opening statt, Ende Mai wird die neue Landesgalerie offiziell eröffnet. Sie beherbergt auf 3000 Quadratmetern Nutzfläche künftig die Kunstsammlung des Landes Niederösterreich mit den Schwerpunkten 19. und 20. Jahrhundert.
Drehende Ebenen
Diese Ausstellungsfläche teilt sich auf vier Ebenen auf. Wer die Galerie von außen über die der Stadt zugewandten Seite betritt, kann alle Ebenen über die in Form einer Doppelhelix verlaufenden Stiegen oder zwei Personenaufzüge erreichen. Das Eingangsgeschoß ist durch bogenförmige, bis zum Boden reichende Verglasungen mit Tageslicht versorgt. Dort befinden sich der Museumsshop und ein Restaurant, das sich mit einem Freibereich erweitern lässt und infolge der Drehung der darüber liegenden Geschoße eine Art Vordach erhält. Das Innere der Galerie bietet der Kunst viel Raum: Von den tragenden Stahlbetonkernen spannen sich die Decken, deren Lasten auf massive Außenwände sowie über die Bögen im Erdgeschoß und die vier Eckpunkte der Konstruktion in das Fundament abgeleitet werden. Im vierten Obergeschoß, das sich infolge der Drehung des Gebäudes um seine Achse von der Kunstmeile zur Wachau hinwendet, können Besucher von einer eingeschnittenen Terrasse den Blick über die Donau genießen.
Das Gebäude definiert einerseits den freien Raum zwischen Kunsthalle und Karikaturmuseum als städtebaulichen Brennpunkt, fungiert aber auch als Erschließung der Kunsthalle. Dazu wurde der bestehende Glaspavillon von Krischanitz mit einem neuen Stiegenaufgang unterbaut und über einen unterirdischen Zugang mit der neuen Galerie verbunden. Den Architekten sei mit dem Projekt ein gutes Verhältnis von Bebauung und Freiraum gelungen, welches durch die Drehung des Baukörpers und das homogene Erscheinungsbild der Fassade zusätzliche Spannung und Verstärkung erhalte, urteilte die Jury. Damit würden Baukörper und Umraum in Wechselbeziehung treten, das Ausstellungsgebäude von jedem Blickpunkt neu erscheinen und vielfältigste Blickbeziehungen eröffnen lassen.