Ins Land einischaun
Bei den Einfamilienhäusern lässt sich weder ein Nord-Süd- noch ein West-Ost-Gefälle feststellen: So liegen die florierenden Märkte in Wien, Salzburg, Kärnten und dem Burgenland; während Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark, Tirol und Vorarlberg Mengenrückgänge verzeichnen mussten. Die Käufer von Einfamilienhäusern investierten im 1. Halbjahr 2020 in Summe 1,56 Mrd. Euro, das ist um 40 Millionen Euro (+ 2,7 Prozent) mehr als im Vergleichszeitraum. Was die Bundeslandpreise betrifft, liegt Wien (eh klar, die Bundeshauptstadt!) vor Tirol, Vorarlberg und Salzburg. Am billigsten sind Einfamilienhäuser in der Steiermark und im Burgenland. Als „Ausreißer“ darf der Bezirk Kitzbühel gelten, hier sind Einfamilienhäuser um durchschnittlich 39 Prozent teurer als in Innsbruck-Stadt und um sogar 82 Prozent teurer als in Salzburg-Stadt (und beide Landeshauptstädte sind wahrlich nicht billig).
Kommen wir schließlich noch zum Preisranking für Einfamilienhäuser in den Landeshauptstädten: Unverändert führt hier Innsbruck vor Salzburg – es folgen Wien, Bregenz, Linz, Graz, Klagenfurt, St. Pölten und zuletzt Eisenstadt.
Die Kurzfristprognose
Covid-19 und die Auswirkungen werden im heurigen Jahr auch am Einfamilienhausmarkt nicht spurlos vorbeigehen. Dazu Bernhard Reikersdorfer, Geschäftsführer von RE/MAX Austria: „Wir erwarten im ersten Halbjahr 2021 ein leicht steigendes Angebot bei Einfamilienhäusern und weitestgehend stagnierende Preise.“ Eine Finanzierung zu bekommen werde laut dem Marktexperten „zunehmend schwieriger“ – zumal für Jungfamilien. Reikersdorfer: „Fakt ist bereits jetzt, dass Fremdfinanzierungen aufgrund höherer gesamtwirtschaftlicher Risiken oftmals nicht mehr so einfach und reibungslos möglich sind und die erforderliche Eigenkapitalquote höher sein muss.“ (Siehe dazu auch der Artikel auf Seite 10). Laut RE/MAX Web-Radar (Quelle: Imabis) werden in Österreich im Internet derzeit rund 7050 Einfamilienhäuser zum Kauf angeboten.
Boom in der Fertighausbranche
Hören wir uns im Bekanntenkreis um, finden wir das bestätigt, was auch die Experten feststellen: Die Österreicher zieht es aus der Stadt. Laut einer neuen repräsentativen Umfrage von Raiffeisen Immobilien spielen aktuell 41 Prozent der befragten Städter mit dem Gedanken, „aufs Land“ zu ziehen. 12 Prozent haben bereits konkrete Übersiedelungspläne.
Dass es sich gegenwärtig „besser“ am Land lebt, meinen 84 Prozent der Befragten mit Kindern unter 14 Jahren, ebenso acht von zehn Personen der Altersgruppe der 51- bis 65-Jährigen. Vor allem Einfamilienhäuser im Umland der größeren Städte sind stark nachgefragt sowie auch Baugrundstücke (sofern vorhanden).
Den Zug hin in die Landgemeinden spüren auch die heimischen Fertighausbauer. So berichtet Josef Gruber, Geschäftsführer von Vario Haus und Präsident des Österreichischen Fertighausverbands, von einem Plus an Abschlüssen von 36 Prozent im 3. Quartal 2020. Die Mitglieder dieser Branche haben sich ebenso wie die Makler auf die geänderten Rahmenbedingungen eingestellt – mittlerweile werde nicht nur virtuell hergezeigt, sondern auch verkauft, so Gruber, der weiters darauf hinweist, dass „nach dem Platz fürs Homeoffice“ fast schon standardmäßig gefragt werde.
Von der neuen Stadtflucht
In der „neuen Arbeitswelt“ muss man eben nicht mehr in der Stadt leben: „Auf dem Land“ ist daher die Nachfrage nach Wohnformen aller Art stark angestiegen. Im Waldviertel etwa sind vor allem gebrauchte Häuser gefragt – auch das bringen die neuen Zeiten: Fürs Bauen haben viele Menschen keine Zeit mehr, weiß Peter Weinberger, Geschäftsführer der Raiffeisen Immobilien Vermittlung (RIV). Viele (Haupt)Städter wollen nun ihren Wohnsitz komplett ins Waldviertel verlegen – die Idee eines Zweitwohnsitzes ist somit passé.
Sprechen wir über die neuen Grundrisse, leuchtet ein, dass heute eine Freifläche schon drin sein muss – beispielsweise ein Balkon, eine Terrasse oder gar eine Loggia.
Aber jetzt kommen wir zum eigentlichen Problem: Für manche, die sich ihren Traum vom Eigenheim (gleich ob in der Stadt oder am Land) verwirklichen möchten, ist es seit März deutlich schwieriger geworden, überhaupt einen Kredit zu bekommen.
Hand aufs Herz: Lassen wir also lieber den gelernten Österreicher weiter von seinem Eigenheim (mit dem nächsten Nachbarn hinterm Mond) träumen? Ändern wir unsere aktuelle Lebenssituation? Oder bauen/arbeiten wir wirklich schon an unserem Wunschheim?
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