Klimaschützerinnen und Klimaschützer der ersten Stunde dürfen sich bei der Initiative CO2-Countdown über Anerkennung ihrer Bemühungen freuen. Initiator ist die Organisation Facility Management Austria (FMA) und stattgefunden hat dazu eine Preisverleihung im Rahmen des letzten FM-Day im Wiener Park Hyatt Hotel. Prämiert wurde dort zum Beispiel die „Photovoltaik Strategie 2030“ und zwar in der Kategorie Ressourceneinsparung. „Das Land Oberösterreich setzt seit mehr als 30 Jahren auf die Nutzung und den Ausbau erneuerbarer Energien sowie auf die thermische Sanierung landeseigener Gebäude“, erklärte Landeshauptmann Thomas Stelzer dazu und mehr davon sei das Ziel vom Strategiepapier: „Mit der Aktion setzt das Land Oberösterreich auf einen weiteren massiven Ausbau der Photovoltaik, vorrangig auf Dächern.“ Die bisherige Leistung von 3.000 kWp soll demnach auf 15.000 kWp anwachsen. Dass die Strategie auch bereits in Umsetzung ist, belegt die Tatsache, dass im Abschnitt eines Jahres zuletzt acht weitere Anlagen errichtet wurden. Deren Energieausbeute wird mit jährlich rund 500.000 kWh angegeben. Dem gegenüber steht der dokumentierte jährliche Stromverbrauch an den betreffenden Standorten und der wird im selben Zeitraum in Summe mit rund 1.400.000 kWh beziffert. Aus der Differenz wird eine Einsparung beim fossilen Energieaufkommen von 37 Prozent abgeleitet. „Wir wollen wichtige Impulse im Bereich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit setzen und unseren Beitrag zum Klimaschutz und zur sparsamen Nutzung von Energie im Land leisten“, betont Landesamtsdirektor Erich Watzl, der die Maßnahmen mit seinem Team aus dem Gebäude- und Facility-Management umsetzt.
Vorbilder für nachhaltigen Gebäudebetrieb
Ziel der Initiative CO2-Countdown ist es, einen klimaneutralen Gebäudebestand in Österreich anzuregen. Vorbildwirkung soll erzielt werden und die Nachahmung ist erwünscht.
Firmeninitiative
In Oberösterreich scheint man die Energiethemen jetzt insgesamt angehen zu wollen. Im Rahmen des CO2-Countdowns wurden auch die Bemühungen der oberösterreichischen Sparkassen anerkannt. Unter dem Titel „miteinander nachhaltig“ (MINA) hat das Unternehmen eine Mitarbeiter-App herausgebracht. Auf Basis individueller Mobilitätsprofile wird versucht, Mitarbeitende für Pendlergemeinschaften oder wo möglich auch zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu motivieren. Ziemlich genau die Hälfte vom CO2-Aufkommen kommt dort laut Erhebung vom Pendelverkehr und den Dienstreisen. Die andere Hälfte hat mit gebäudebezogenem Energieverbrauch zu tun. Maßnahmen, die von der Jury dazu anerkannt wurden, sind die Einführung eines technischen Energiemonitorings für die Filialen sowie die Erhöhung der Eigenstromversorgung. Im Zeitraum des Einführungszeitraums von neun Monaten, so der Verweis vom Gewinner, wurden insgesamt 21 Tonnen CO2 weniger ausgestoßen. Ein Anfang ist also getan, aber der ganz große Wert der Maßnahmen dürfte noch in der Zukunft liegen. In jener soll bei den Sparkassen in Oberösterreich auch mehr Wert auf eine ökologische und ressourcenschonende Bauweise gelegt werden. Bei Objekten im Eigentum wird im Rahmen von Umbauprojekten oder auch bei Neubauprojekten nun mit Nachhaltigkeitszertifizierungen geplant, um sich dem finalen Ziel energieautonomer Filialen anzunähern.
Energie fürs Quartier
Ausgezeichnet wurde auch eine Technologie, welche Energiekonzepte für Gebäude und Quartiere optimiert, ob beim Strom oder für andere Verbräuche. Auf Basis selbstlernender Systeme wird damit der Gebäudebetrieb optimiert. Durch die Abstimmung von Photovoltaikanlage, Wärmepumpe und Wärmespeicher würden sich auch erneuerbare Energien effizienter nutzen lassen. Technologieanbieter ist hier das vom Fraunhofer Institut gegründete Unternehmen Ampeers Energy (AE), bei welchem sich die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zu einem Viertel beteiligt hat. Dessen Softwareservice soll CO2-Minderung ermöglichen und einen ökologischeren Fußabdruck für die Immobilienwirtschaft bringen. Nutzen will das auch die ARE, das Wohnbauunternehmen der BIG, und zwar beim städtebaulichen Projekt „Village im Dritten“. „Damit setzen wir unseren Kurs zur Dekarbonisierung und weitestgehend klimaneutralen Energieversorgung unserer Liegenschaften fort“, sagt ARE-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss. Ergänzend zur Software wird hier eine vorkonfigurierte Wärmezentrale, der sogenannte „Ground Cube“ vom Anbieter Sistems, zum Einsatz gebracht. Pro Baufeld wird eine gemeinschaftliche Erzeugungsanlage realisiert. Um den Strombedarf im Quartier zu decken, werden auf den Dächern Photovoltaikanlagen installiert. Der so erzeugte Ökostrom wird zum Betrieb der Wärmepumpen genutzt, die das Quartier im Winter mit Wärme versorgen und in den Sommermonaten der Temperierung dienen. Ein „Mieterstromangebot“ wird außerdem zur Refinanzierung der Investitionskosten gelegt. Positiver Nebeneffekt dessen sei, dass das Investoren-Nutzer-Dilemma bei den Maßnahmen für mehr Energieeffizienz gelöst wird. „Gemeinsam mit der ARE demonstrieren wir, wie die Dekarbonisierung der Immobilienwirtschaft einfach und profitabel umgesetzt werden kann“, sagt Karsten Schmidt, Geschäftsführer von AE.
Neues für den Altbaubestand
Einen vergleichbaren Ansatz für den Gebäudebestand hatte man für ein Quartiersprojekt in der Wiener Geblergasse gesucht und gefunden. Im Zuge einer umfassenden Sockelsanierung wurden einzelne Häuser erweitert, aufgestockt und haustechnisch von Grund auf erneuert. Der ganze Wohnblock, in dem diese stehen, umfasst knapp 20 Parzellen und zusammen sind sie ein typisches Beispiel für die heterogene Verbauung im gründerzeitlichen Bestand.
Das unter dem Namen „Smart Block“ auch bereits mehrfach ausgezeichnete Projekt beeindruckte jetzt auch die Jury beim CO2-Countdown-Award. Erstmals in Österreich ist hier bei einer historisch gewachsenen Blockrandbebauung ein niedertemperiertes Energienetz errichtet worden, das über Temperaturausgleich in der Nähe funktioniert. Kernelement der technischen Lösung ist ein saisonaler Energiespeicher auf Basis von Erdsonden. Laut Betreiber soll damit die überschüssige Raumwärme aus der Sommersaison ins Erdreich transferiert werden, wo sie im Winter wieder abrufbar wäre. Wärmepumpensysteme sollen das leisten, und zwar im Rahmen der Gebäudeheizung und -kühlung sowie auch bei der Warmwasseraufbereitung. Der als Projektentwickler und Architekt fungierende Johannes Zeininger berichtet gegenüber dem Architekturjournal wettbewerbe über die Entstehungsgeschichte: „Es war der Versuch, gutes Leben in den dichten Gebäudebestand zu bringen.“ Konfrontiert sah man sich mit einem Nachbarn, der überfordert war, sein Haus mit sozialen Mieten vor der Abbruchreife zu bewahren. Auf die gemeinschaftliche Initiative hin wurde daraus ein Forschungsprojekt, das für Zeininger einen Umbruch bedeutet: „Nach einer Zeit, wo jeder für sich agiert, muss gelebte Nachbarschaft, in der man miteinander Dinge betreibt, heutzutage erst wieder erlernt werden.“
Alle im Block konnte man nicht selbst an Bord holen und so hat man die Aufgabe per Contracting ausgelagert. Der Anbieter, welcher heute BCE beyond carbon energy GmbH heißt, fungiert daher im lokalen Netzwerk wie ein Energielieferant. Bei dem Modell sind laut BCE die Immobilienbestandhalter oder Eigentümer gefordert, sich mit einem Baukostenzuschuss zu beteiligen. Beim Projekt Geblergasse wurden vorausschauend mehr als die zwölf erforderlichen Tiefenbohrungen vorgenommen, damit bei weiteren Gebäudesanierungen in der Nachbarschaft das lokale Energienetz wachsen kann.
Eine Branche formiert sich neu
In der Facility-Management-Branche wird die derzeitige Energiekrise auch als Signal wahrgenommen, die eigene Position mit entsprechenden Kompetenzen zu festigen. „Wir sehen die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen durch den Klimaschutz als große Chance zur Erreichung der Klimaneutralität in Österreich“, betont Georg Stadlhofer, Vizepräsident IFMA Austria und Leiter der neuen CO2-Countdown-Initiative. Jetzt bräuchte es eine klare Richtung sowie greifbare Standards. Im Klimaschutzministerium wurde über einen energieeffizienten Gebäudebetrieb in diesem Sinne nachgedacht und entsprechende Leitlinien gibt es mittlerweile. Laut Brancheninsidern kümmern sich Unternehmen heute auch lieber mehr um ihr Kerngeschäft und weniger um die Bewirtschaftung und Verwaltung ihrer Immobilien. Aus den einstigen „Hausmeistertätigkeiten“ würde daher mehr und mehr eine anspruchsvolle Managementaufgabe für Profis erwachsen. Timo Seyfried, Geschäftsführer vom Facility-Management-Unternehmen Apleona, bemerkt die Veränderungen in der Praxis: „Kunden sind merkbar bereiter, sich dem Energiethema zu widmen, weil sich die Investitionen früher lohnen.“ Beim FM-Marktanalysten Lünendonk berichtet Thomas Ball anlässlich der Präsentation des hauseigenen FM-Branchenrankings in Wien: „Asset Manager werden reportinggetrieben aktuell auf die Branche aufmerksam.“ Es gäbe eine unglaubliche Bewegung im Markt, und zwar im Wesentlichen wegen der politischen Agenda. Verordnete CO2-Ziele hätten einen ganz anderen Antrieb zur Folge als reine Optimierungsaufgaben für den Gebäudebetrieb. Stefan Babsch von Strabag Property and Facility Services (PFS) geht trotz Aufbruchstimmung davon aus, dass es noch etwas Zeit braucht, bis die Dinge wirklich ins Laufen kommen. Woher die Verbräuche kommen und welche Energie genau die Kosten verursacht, sei oftmals noch eine große Unbekannte.
Informationen
Leitlinien des Klimaschutzministeriums für nachhaltiges Facility-Management:
klimaaktiv.at/bauen-sanieren
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