„Eine schlechte Wohnung macht brave Leute verächtlich“, schrieb bereits Goethe. Als Stadträtin für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung darf ich ihm darin nur zustimmen. Wohnen ist ein Grundrecht. Und ein Zuhause ist viel mehr als nur ein Dach über dem Kopf, ein Zuhause ist ein Gefühl. Daher ist es meiner Meinung nach eine der wichtigsten Aufgaben der Stadt, dass sich möglichst alle Wienerinnen und Wiener in ihrem Zuhause sicher und geborgen fühlen. Und möglichst leistbaren und lebenswerten Wohnraum zur Verfügung haben.
Wohnbaupolitik kann natürlich nicht alle sozialen Probleme einer Stadt lösen. Aber wir können massiv dazu beitragen, ökonomischen Druck aus der Gesellschaft rauszunehmen und die Wienerinnen und Wiener zu entlasten. Der soziale Wohnbau ist die größte Förderung der Mittelschicht in unserer Stadt.
Keine Stadt der zwei Geschwindigkeiten
Rund zwei Drittel aller Bewohner und Bewohnerinnen (62 Prozent) leben heute im sozialen Wohnbau – also entweder im Gemeindebau oder im geförderten Wohnbau. Bis 2020 sind rund 14.000 weitere geförderte Wohnungen auf dem Weg (auch Wohnungen im Gemeindebau). Dabei ist es der Stadt wichtig, die Wienerinnen und Wiener in ihrer konkreten Lebenssituation bestmöglich zu unterstützen. Daher planen wir etwa auch eigene Wohnprojekte für Alleinerziehende. Die ersten beiden entstehen in der Wolfganggasse in Meidling und in der Käthe-Dorsch-Gasse in Penzing.
Ein bedeutender Grund für die positive Entwicklung Wiens war stets, dass es keine Stadt der zwei Geschwindigkeiten ist. In Wien kann man nicht an der Adresse erkennen, wie viel jemand verdient. Diese starke soziale Durchmischung haben wir zu einem großen Stück dem sozialen Wohnbau zu verdanken, der zu einem schönen Teil des Charmes und Charakters unserer Stadt geworden ist.
Politische Weichenstellungen zum Wohl aller Menschen
Ein zentrales „Erfolgsgeheimnis“ des Wiener Wohnbaus ist: Wien hat seine Wohnungen niemals zur Gänze dem Markt überlassen, sondern hat stets politische Weichenstellungen zum Wohl aller Menschen in unserer Stadt durchgeführt. Dieser positiven Tradition bleibt die Stadt konsequent treu: So haben wir kürzlich in Wien einen europaweit beachteten Paukenschlag gesetzt. Wir haben die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“ erfunden und eingeführt, womit wir der Grund- und Bodenspekulation in der Stadt einen Riegel vorschieben.
Diese neue Widmungskategorie ist natürlich eine drastische Maßnahme, darin sind sich Befürworter wie Kritiker einig. Wer konkrete Verbesserungen für die große Mehrheit erreichen will, wird wohl niemals auf die Zustimmung aller treffen.
Zentral ist für mich: Wenn künftig mehr leistbare Wohnungen in Wien gebaut werden sollen, muss man dafür vor allem den Baugrund sichern. Das wird jetzt mit der Novelle der Wiener Bauordnung gewährleistet.
Es braucht beim Thema Wohnen jedenfalls entschlossene Schritte gegen Entwicklungen, die das Zusammenleben und das Miteinander in unserer Stadt gefährden. Leistbares Wohnen darf kein Privileg für Besserverdiener sein, sondern leistbares und lebenswertes Wohnen ist in Wien eben ein Grundrecht.
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