346 Projekte

Aus Canalettos Perspektive

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Das Entree des Andaz Vienna Am Belvedere
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Hotel Andaz Vienna Am Belvedere // Renzo Piano Building Workshop + NMPB / archisphere

Das Projekt Parkapartments und -hotel mit dem im April neu eröffneten Hotel Andaz im Wiener Quartier Belvedere ist das erste in Österreich realisierte Projekt des italienischen Architekten Renzo Piano. Direkt am Zentralbahnhof gelegen, bietet der Standort den berühmten „Canalettoblick“ – über das Belvedere bis zum Stephansdom und weiter auf Schneeberg und Wienerwald. Das Projekt wurde, um die von der ÖBB im städtebaulichen Wettbewerb hoch angesetzten Werte der Flächenausnutzung zu erreichen, ein Hochhausprojekt.

Durch- und Ausblicke
Die auf den ersten Blick kompakt erscheinende Be­bauung gliedert sich in einzelne vertikale Baukörper auf hohen, schlanken Stützen, die eine vielfältige polygonale Grundrissstruktur aufweisen. Das städtebauliche Konzept ist darauf ausgelegt, Durch- und Ausblicke sowie einen landschaftsgärtnerischen Freiraum zu schaffen. Die Grünfläche des Schweizergartens wird unter den schwebenden Baukörpern weitergeführt. Damit entsteht ein Übergang zwischen den Höhen­niveaus des Gleiskörpers und des Schweizergartens.

Die Gebäude werden vom Straßenniveau aus ge­sehen erst ab dem vierten bis sechsten Obergeschoß genutzt. Die Nutzung der Funktionsbereiche Hotel und Wohnen beginnt erst in einer Höhe, die allen Bewohnern eine Weitsicht gewährt und gleichzeitig eine physi­sche Distanz zu den Lärmquellen Bahn und Auto­verkehr schafft. Die ersten Fenster liegen über den Baumkronen des Schweizergartens und der Umfassungsmauer der Bahn und erlauben somit Ausblicke auf die Innenstadt bis zu Wienerwald und Schneeberg. Krönung des Projekts ist die Rooftop-Bar mit Panoramaausblick.

Die fünf Baukörper bilden überwiegend einen Gebäudeabschluss auf dem gleichen Höhenniveau, wodurch die formale Einheit des gesamten Komplexes gestärkt wird. Kontrastierend zur ruhigen Dachkante stuft sich das Bauvolumen im unteren Bereich vielfältig ab. Es entsteht ein spannungsreiches Spiel von unterschiedlichen Freiräumen und Blickwinkeln. Die Keramikfassade zieht sich im Raster leicht variierend in gleicher Ausbildung über die Hotel- und Wohngebäude, mit ihrer Gestaltung soll ein Bindeglied zwischen der historischen Fassade des Arsenals und den Glas­fassaden des Erste Campus geschaffen werden.

Durchlässige Grenze
In den beiden südlichen, durch Brücken und eine durchlässig gestaltete Lobby miteinander verbundenen Baukörpern residiert das zur Hyatt-Gruppe gehörende Hotel Andaz mit 303 Gästezimmern, darunter 44 Suiten und einer Penthousesuite im 15. Stock. Das Hotel öffnet sich im Erdgeschoß sowohl zur Arsenalstraße und als auch zum öffentlichen Platz auf dem Nachbargrundstück, der wiederum das gegenüberliegende Museum 21er-Haus städtebaulich miteinbezieht. Das Interior Design des Hotels stammt vom Wiener Design- und Architekturbüro archisphere. Claudio Carbone und Gabriel Kacerovsky haben versucht, die Grenze zwischen Hotel und Umgebung durchlässig zu machen und das umliegende Stadtviertel mit einzubeziehen. Das Hotel bietet offene, ineinander übergehende Räume, die unter anderem einen 2200 Quadratmeter umfassenden Konferenzbereich, einen 700 Quadratmeter großen Ballsaal, Fitness- und Spabereich sowie drei Restaurants umfassen. Räume und Gemeinschaftsräume sind mit hellen Eichenböden ausgestattet, ergänzt wird die Möblierung mit geschliffenem Glas und geätzten Spiegeln sowie Holzstühlen, die an klassische Wiener Kaffeehäuser erinnern. Die in warmen Farben gehaltene Lounge Bar mit dunklen Ledersofas und Hartholzschränken bildet das Herzstück der sich der Nachbarschaft öffnenden Lobby und präsentiert die Arbeit von lokalen zeitgenössischen Künstlern. Die Nassbereiche in den Gästezimmern wurden großzügig und klassisch, zugleich aber offen gestaltet. Eine auf der Innenseite grafisch gestaltete Schiebetür, die in jedem Zimmer ein anderes Design trägt, kann entweder vor das WC oder das Badezimmer geschoben werden und lässt so immer neue Eindrücke ent­stehen.

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