346 Wettbewerbe realisiert Projekte

Brutalismus am Berg

© Adolf Bereuter
Das Restaurant im Südwesten erlaubt den Blick auf die imposante Naturkulisse.
© Adolf Bereuter

Patscherkofelbahn Innsbruck / Innauer Matt & ao-Architekten

Die ersten Pläne zum Bau einer Seilschwebebahn am Patscherkofel entstanden bereits im Jahr 1910. Im Jahr 1928 wurde dann die Patscherkofel-Seilschwebebahn von einem privaten Personenkomitee gemeinsam mit der Stadtgemeinde Schwaz gebaut und eröffnet. Nach geschäftlichen Schwierigkeiten durch Kostenüberschreitungen beim Bau und zurückgehenden ­Umsätzen wurde sie vom Land Tirol übernommen und betrieben. Im Jahr 2014 übernahm die Stadt Innsbruck den Betrieb und die Verwaltung der Patscherkofelbahn. Nach eingehenden Voruntersuchungen kam man zu dem Schluss, die Bahn abzureißen und einen Architekturwettbewerb für einen Neubau auszuloben. In der Ausschreibung vom November 2015 wurden eine Tal-, eine Mittel- und eine Bergstation verlangt. Im Zuge der politischen und medialen Diskussion rund um Baukostenerhöhungen des Projekts war die Rede davon, dass ein Neubau der Talstation nicht ausgeschrieben gewesen wäre. Der Text der Ausschreibung ist dazu nicht eindeutig: „Talstation: Der geplante Standort des Neubaus befindet sich auf demselben ­Areal wie die Talstation der bestehenden 4er-Sesselbahn Olex, welche abgebaut werden soll. … Ebenso wie die bisherige Talstation soll der Neubau an das vorhandene Restaurant und Sportgeschäfts­gebäude angebaut werden.“

Selbstbewusste Kuben
Die Gewinner des Wettbewerbs, das Architekturbüro Markus Innauer und Sven Matt aus Bezau in Vorarlberg, schlugen jedenfalls einen kompletten Neubau der Tal­station und den Abbruch aller Bestands­gebäude vor. Dieses Projekt vermittelt, so die Beurteilung der Jury, nicht den provisorischen und vordergründig kommerziellen Charakter vergleichbarer Anlagen. Alle Stationen sind auf einer über quaderförmigen Baukörpern in Sichtbetonbauweise auf­gebauten Komposition entwickelt. Diese Kuben stehen selbstbewusst in der Landschaft. Ein jeweils höherer, der Seilbahn­achse folgender, geschlossener Kubus umschließt die Technik der Auskopplung und Beschleunigung der Kabinen und stellt eine Art massiven Sockel für die Tragstruktur aller weiteren daran angelagerten Bauteile her. Diese sind zwischen einer jeweils auskragenden Boden- und Deckenplatte in leichter und transparenter Weise – und damit austausch- und anpassbar – eingebaut. Die große Spannweite der Auskragung wird mit jeweils an den Außenflächen in Erscheinung tretenden Ober- und Unterzügen bewäl­tigt. Die gesamte Erscheinung ist von funktionsabhängigen, klar strukturierten vertikalen und horizontalen Elementen geprägt.

Bewegen und Verweilen
Bei allen von Innauer Matt gemeinsam mit den Innsbrucker ao-Architekten realisierten Stationen folgt die Wegeführung einer Raumfolge von Bewegungsräumen und Verweilbereichen. Die Talstation ist zweigeteilt und L-förmig versetzt angelegt, der Bauteil der Seilbahn von jenem der gastronomischen und der geschäftlichen Nutzung getrennt, allerdings über ein gemeinsames Sockelbauwerk und eine längs von der Bergseite des Restaurantteils zur Talseite des Seilbahnteiles wechselnde Überführung verbunden. Damit wird auf einfache Weise ein überdachtes Vorfeld geschaffen, von dem eine überdachte Frei­treppe zur oberen Ebene an den Fuß der Skipiste und zum Zugang der Seilbahn führt.

Der weit ausladende horizontale Bau­körper der Mittelstation hebt sich vom steil abfallenden Gelände ab und bietet in einem auf quadratischem Grundriss auf­gebauten einfachen Baukörper Raum für die Seilbahnkabinen. Die exponiert über der Baumgrenze ­liegende Bergstation mit ihrem erhöhten Mittelteil wird von zwei längs der Trassenführung angeordneten Tragscheiben flan­kiert, denen frontal zum Berg eine quer­ ­liegende Wand entgegensteht. Im Süd­westen ist das Restaurant mit Blick auf die imposante Naturkulisse angeordnet. Die vorgelagerte, gedeckte Terrasse mit Rundumblick ist windgeschützt. Aus der zentralen Lage der Küche resultieren kurze Wege zum flexibel unterteilbaren Restaurant und zur Terrasse.

Projekt
Patscherkofelbahn Innsbruck

Bauherr
Patscherkofelbahn Infrastruktur GmbH, Römerstraße 81, 6080 Innsbruck-Igls

Architektur
Innauer Matt Architekten (Bezau), innauer-matt.com

Projektpartner: ao-architekten (Innsbruck), ao-architekten.com

Landschaftsplanung
Andreas Geser Landschaftsarchitekten (Zürich), andreasgeser.ch

Statik
DI Alfred R. Brunnsteiner, Natters

Projektdaten
Bebaute Fläche: 5800 m²
Bruttogeschoßfläche: 7340 m²
Nutzfläche: 6220 m2

Materialien
Fassade: Sichtbeton eingefärbt (2 % – 4 %), schalglatt bzw. gefräst
Dämmmaterial: Foamglas
Bodenbeläge: innen Gneis, Holz;
außen: Betonplatten

Projektablauf
Wettbewerb 03/2016
Planungsbeginn 05/2016
Baubeginn 04/2017
Fertigstellung 07/2018

Wettbewerbsdokumentation
ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE
5/2016 (328)

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