Angesichts des Alters der meisten Kulturstätten mit UNESCO Welterbesiegel steckt das Welterbe Graz mit seinem 20. Geburtstag in den Kinderschuhen. Im Vergleich zur knapp 900-jährigen Geschichte der Stadt aber ist die bauliche Entwicklung zwischen der Welterbeernennung am 1. Dezember 1999 und dem jetzigen Jubiläum ein Sprung in eine neue Ära der Baukultur. Die Anforderungen der UNESCO an bestehende und künftige Welterbestätten sind mit den Jahren seit Bestehen der Konvention 1972 enorm gestiegen und seit der Auszeichnung von Graz noch intensiviert worden.
Welterbebeauftragter mit Verantwortung
Ein wesentliches Kriterium für die Durchsetzbarkeit manchmal auch unpopulärer Erhaltungsmaßnahmen ist dabei jene Position, die dem Welterbebeauftragten zukommt. Die Aufgabe als Baudirektor und Welterbebeauftragter der Stadt Graz ist für Bertram Werle vielschichtig. Denn der Welterbebeauftragte hat die Qualitätsmerkmale der historischen Entwicklung von Graz zu bewahren, die über Jahrhunderte komprimiert auf knapp vier Prozent der Stadtfläche entstanden sind und die Auszeichnung begründen. Die Forderung von UNESCO und ICOMOS (International Council on Monuments and Sites), die Position des Welterbebeauftragten in der Hierarchie der Stadtverwaltung möglichst an der Spitze anzusetzen, hat sich in Graz bewährt. Denn sowohl Erhaltungs- als auch Entwicklungsstrategie der Welterbezone und Pufferzone greifen bei Bauprojekten aller Funktionen und Inhalte ineinander und setzen einen hohen Informationsgrad über alle Projekte voraus. Unterstützt durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Welterbestelle aus den Fachbereichen Kunstgeschichte und Architektur und bis 2018 auch Rechtswissenschaften, erfolgt das Management des Welterbes in Graz prospektiv.
Der Ausgangspunkt
Die historisch-wissenschaftliche Dokumentation des Grazer Welterbes durch Wiltraud Resch war vor über zwei Jahrzehnten Basis des erfolgreichen Antrages bei der UNESCO. Der Antrag resultiert aber auch aus den Erfolgen einer seit 1974 auf Grundlage des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes (GAEG) vollzogenen Altstadterhaltung, die im steirischen Baugesetz verankert wurde. Die aktive Altstadterhaltung, die von einer unabhängigen Sachverständigenkommission innerhalb der Schutzzonen des GAEG als Gutachter für die Stadt Graz ausgeübt wird, schuf noch lange vor der Welterbeauszeichnung eine Erhaltungsstrategie, die Land Steiermark und Stadt Graz einbindet. Die Schutzzone 1 nach dem GAEG und die Kernzone des Welterbes der Altstadt decken sich, die Schutzzonen II und III bilden sich weitgehend in der Pufferzone ab. 2007 wurde vom Gemeinderat der erste UNESCO Managementplan (mit Masterplan) der Stadt Graz beschlossen, der 2013 überarbeitet und von der UNESCO mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen wurde.