Auf jenem Areal im 21. Wiener Gemeindebezirk, das unter dem Namen Wohnen am Marchfeld firmiert, wurde im Dezember 2018 ein weiteres Wohnbauprojekt fertiggestellt. Den Bauträgerwettbewerb auf dem südlich des Areals gelegenen Bauplatz 4, angrenzend an das Heeresspital, gewann im Jahr 2014 der gemeinnützige Wohnbauträger Familienwohnbau gemeinsam mit Superblock Architekten und dem Landschaftsplanungsbüro Land In Sicht. Das Leitbild für den Freiraum, auf dessen Basis der Bauträgerwettbewerb auf sechs Bauplätzen ausgeschrieben worden war, stammte von idealice Landschaftsarchitektur. Nach diesem Leitbild teilt sich der Freiraum in vier Typen: Parkband, Wohnbänder, urbaner Siedlungsplatz und Privatgärten. Das Parkband bildet die zentrale Achse mit angelagerten Spielplätzen und bietet eine Grünverbindung zum Marchfeldkanal. Wohnbänder ermöglichen eine fußläufige Erschließung aller Baufelder. Eingebettet in diese Bänder sind kleine Plätze, Terrassen, Spielelemente, Pflanzbeete und Retensionsflächen. Ein urbaner Siedlungsplatz befindet sich im nördlichen Teil des Planungsgebietes mit Geschäften und Cafés in der Erdgeschoßzone. Zum Marchfeldkanal orientieren sich Pflanzbeete, die für gemeinschaftliches Gärtnern
genutzt werden können.
Zwischen Bestands- und Neubauten
Die Verbindung zwischen dem Platz „Unter den Linden“ und dem restlichen Siedlungsgebiet bildet ein Wohnband, das teilweise zweigeschoßig durch das Gebäude geführt wird. Der Anschluss an die weiteren Baufelder in Richtung Marchfeldkanal erfolgt über das südliche Wohnband des gemeinsamen städtebaulichen Konzeptes. Das Projekt von Superblock auf dem von Gaswerkstraße, Jane-Tilden-Gasse, einem Kindergarten und den Bauplätzen 5 und 6 begrenzten Bauplatz steht an einem besonderen Ort: nämlich an der Nahtstelle zwischen Bestands- und Neubauten. Realisiert wurde ein Projekt, das sich, so die Wettbewerbsjury in ihrer damaligen Begründung, sensibel und gleichermaßen selbstbewusst an diesem Ort präsentiert.
Bindeglied
In der Tat ist der Entwurf ein Versuch, ein Bindeglied zwischen den klassischen Wiener sozialen Wohnbauten und moderner Wohnarchitektur zu bilden. Der Baukörper selbst ist zurückhaltend, in rhythmischer Fassadengeometrie wechseln sich Risaliten mit zurückspringenden Attikateilen ab, dafür bleibt die Erdgeschoßzone in derselben Ebene wie die darüber liegende Fassade. Auch die Balkonelemente sind streng geometrisch angeordnet, bringen aber ein Spannungselement in das Fassadenbild. Denn ihre graue Sichtbetonoptik steht im Gegensatz zur Reibputzfassade, die in warmem Gelb gehalten ist. Ungewöhnliches Detail sind die Fenster an den Außenfassaden, deren Beschichtung sich diesem Farbton anpasst, während die Aluminiumprofile der Fenster und Türen im Sockelgeschoß grau beschichtet sind. Auch die hofseitigen Fassaden sind grau gestrichen.
Trend zur Kleinstwohnung
In dem fünfgeschoßigen Baukörper mit annähernd dreieckiger Grundrissform sind 79 Wohneinheiten, davon 37 SMART-Wohnungen, sowie zwei geförderte Geschäftslokale entstanden. Erschlossen werden die Wohnungen über einen großzügigen, in der Mitte liegenden und verglasten Innenhof und im Inneren umlaufende Laubengänge. Stiegenhaus und Lift sind zentral in diesem Atrium positioniert. Das Glasdach ist abgehoben und seitlich permanent offen. Dadurch ist für eine Durchlüftung des Innenhofes gesorgt. Sämtliche Wohnungen sind durchgesteckt, neben den hofseitigen Wohnungseingangstüren befinden sich auch Fenster, die, ganz in der Tradition der alten Wiener Bassenawohnungen, in der Regel Ausblick von und zur Küche erlauben.
Mit einer Durchschnittsgröße von 63 Quadratmetern Wohnnutzfläche, 14 Maisonettwohnungen mitgerechnet, entspricht das Projekt ganz dem Trend zu Klein- und Kleinstwohnungen. Kompensiert wird diese hohe Anzahl durch einen Gemeinschaftsraum, anmietbare Home-Office-Flächen und eine Waschküche im Erdgeschoß. Getrennt durch ein Wohnband liegt diesen Gemeinschaftsflächen eine Gewerbefläche, derzeit ein Fitnesscenter, gegenüber. Fünf Kleinstwohnungen liegen ebenfalls im Erdgeschoß, diese haben dafür jede eine Terrasse und einen Eigengarten.