Nachdem von Martin Treberspurg und Johannes Kislinger bereits die Perspektiven von Planern und Qualitätsmanagement näher dargestellt wurden, fragte michRoman Smutny, ob ich als länger in Passivwohnanlagen forschender Umweltpsychologe etwas über Bewohnerurteile schreiben möchte. Ich fand die Idee gut. Im Netz finden sich Selbstdarstellungen zu Einzelhauserfahrungen, jedoch selten konstruktive Kritik an Geschoßwohnbauten aus Sicht der Bewohnerschaft. Die folgenden Betrachtungen beziehen sich also auf das „Passivhaus im Mainstream“.
Wozu neue Wohnformen evaluieren?
Evaluation kommt aus dem Lateinischen (valere: gesund, geeignet sein, vermögen). Mit dem Wort verbindet die Öffentlichkeit die „PISA-Studien“ von Schulkindern. Das Bauwesen kennt Evaluation als technischen Tauglichkeitstest, etwa von Baumaterialien. Evaluation von Gebäuden durch die Bewohner nach Bezug (post occupancy evaluation) wurde 1983 von Robert Sommer, einem US-Wirtschaftspsychologen, erfunden [5]. Er sprach sich dafür aus, bei interessanten Gebäuden, etwa einem Modellwohnbau, die dort lebenden Nutzer nach einem Jahr Eingewöhnung systematisch und repräsentativ nach ihren Erfahrungen mit der neuen Umgebung zu fragen. Denn es macht durchaus einen Unterschied, ein modernes Büro planerisch zu gestalten oder dort selbst länger zu arbeiten, eine energiesparende Wohnung zu berechnen oder dort mit seiner Familie zu wohnen. Bewohner sind die intuitiven Experten für ihren persönlichen Lebensraum und für ihre subjektive Lebensqualität.
Evaluationen im Wohnbau sind damit weder staatliche „Pickerlkontrolle“ noch privatwirtschaftliche Werbemaßnahme, sondern verstehen sich als externes Qualitätsmanagement durch Befragung der Endverbraucher – sie fragen aktiv nach dem subjektiven Plus und Minus neuer Wohnformen, statt in gewohnter Weise passiv auf spontane Rückmeldungen nach Einzug zu warten, die – wie Praktiker wissen – nicht nur in Österreich meist negativ ausfallen, denn wer schreibt schon seinen Planern/Verwaltern zum Valentinstag? Als Universitätsmitarbeiter halte ich weder Aktien bei Passivhausbefürwortern noch -gegnern, kann also ohne wirtschaftliches Eigeninteresse agieren und das Meinungsspektrum soabbilden, wie es ist.
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