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Siedlung „Am Wienerfeld West“, 1100 Wien

Die Unternehmung Stadt Wien – Wiener Wohnen betreut ständig rd. 1800 Objekte mit rd. 220.000 Wohneinheiten. Um den Wohnungsbestand weiter auszubauen, sollen laufend Neubauprojekte abgewickelt werden.

von: Redaktion

Die im Bearbeitungsgebiet bestehenden Wohngebäude der Siedlung Wienerfeld West wurden Ende der 1930er­-Jahre durch die GESIBA Gemeinnützige Siedlungs­- und Bauaktiengesellschaft errichtet und werden heute von Wiener Wohnen verwaltet.

Im Juni 2021 bestätigt die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) im Sinn des § 62a Abs. 5a BO Wien, dass an der Erhaltung dieser Bauwerke infolge ihrer Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Wiener Wohnen beabsichtigt aufgrund der technischen Abbruchreife die alten Gebäude durch neue Wohngebäude im Rahmen der gültigen Flächenwidmungs­ und Bebauungsbestimmungen zu ersetzen.

Ausloberin und Vergabestelle
Stadt Wien – Wiener Wohnen 1030 Wien, Rosa­Fischer­Gasse 2
vertreten durch
WIP Wiener Infrastruktur Projekt GmbH 1021 Wien, Messeplatz 1

Wettbewerbsbüro
next­pm ZT GmbH, 1010 Wien

Vorprüfung
next­pm ZT GmbH,
con.sens verkehrsplanung (Verkehr)

Art des Verfahrens
EU­weit offener, einstufiger Realisierungs- wettbewerb mit anschließendem Verhand- lungsverfahren im Oberschwellenbereich gemäß BVergG 2018

Gegenstand des Wettbewerbs
Erlangung von Planungskonzepten für den Neubau einer Wohnhausanlage am Standort Siedlung „Am Wienerfeld West“, 1100 Wien, die den Verhandlungen zur Vergabe der Generalplanungsleistungen zugrunde gelegt werden.

Preise
• 1. Rang = Gewinner € 54.500,–
• 2. Rang € 44.000,–
• 3. Rang € 33.000,–
• Anerkennungen 1–3 je € 16.500,–
• Zusätzlich ein nicht dotierter Nachrücker

Beurteilungskriterien
in absteigender Reihenfolge ihrer Bedeutung:
• Städtebauliche Lösung
• Baukünstlerische Lösung
• Funktion
• Wirtschaftlichkeit in Errichtung, Betrieb und Erhaltung

Preisgericht (ohne Titel)
Fachpreisrichter:

• Ursula Schneider, Architektin

(Vorsitzende)
• Peter Zoderer, Architekt
• Aramis Glück, Wiener Wohnen
• Dieter Groschopf, Wohnfonds,

Grundstücksbeirat
• Maria Auböck, Landschaftsplanung • Anna Lindner, Architektin
• Jutta Wörtl­Gössler, Architektin
Sachpreisrichter:
• Philipp Wachter, Wiener Wohnen • Thomas Schuster, Wiener Wohnen • Michael Stangl, GF WIP

Preisgerichtssitzung
01.12.2022

Nachhaltigkeit, Ökologie und Effizienz

Qualität im Wohnbau ist eines der zentralen Ziele beim Bau von Gemeindewohnungen. Mit der blockweisen Erneuerung der Siedlung Am Wienerfeld West soll das auch in dieser vor über 80 Jahren mitten im Zweiten Weltkrieg errichteten Siedlung gelingen.

Teilweise aus dem Schutt nach Bomben­ angriffen errichtet, wurden die Gebäude, Wohnungen und Gärten repariert, ausgebessert, erweitert und gepflegt. Doch aufgrund der zur Bauzeit schon mangelhaften Ausführung ist die Lebenszeit der Siedlung abgelaufen. Statikprobleme und nicht mehr den aktuellen Sicherheitsnormen entsprechende Bauausführung führten schluss­ endlich zur Entscheidung, die Siedlung von Grund auf zu erneuern. In einem Architekturwettbewerb kürte die Jury den Entwurf von WUP/FCP zum Sieger.

Viele Aspekte waren für den ersten Platz ausschlaggebend: Die attraktive Gliederung der Baukörper durch offene Räume als Ort der Interaktion ebenso wie die Vielfalt an Raumangeboten, die sehr gute Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit und die große Flexibilität der Wohnungsgrundrisse. Baustoffe wie Holz und ein geringer Gesamtenergieaufwand machen das Projekt ebenso nachhaltig wie Rücksichtnahme auf bestehende Grünräume und der ressourcenschonende Umgang mit Bodenflächen.

Flexible Grundrisse

Das erste Haus wird in Holz-­ bzw. Hybridbauweise errichtet, mit tragenden Holzriegel­ und Massivholzwänden. Die Struktur der Bebauung bleibt erhalten, die Blöcke bekommen aber etwas mehr Grundfläche, um zeitgemäße und praktische Wohnungsgrundrisse zu gewährleisten. Es gibt Ein-­ bzw. Zweizimmerwohnungen mit ca. 50 Quadratmetern, aber auch größere Wohnungen mit bis zu gut 100 Quadratmetern und Maisonetten.

Abtrennbare Wohnküchen, zentrale Nassräume und flexibel teilbare Räume ermöglichen es den Bewohnerinnen und Bewohnern, die Räume ihren jeweiligen Bedürfnissen anzupassen. Alle Wohnungen verfügen über zumindest eine Freifläche: Garten, Balkon oder Dachter­ rasse. Eine Besonderheit bilden dabei die „grünen Brücken“. Im Erdgeschoß dienen sie den Bewohnerinnen und Bewohnern als Gartenlaube, im ersten Stock sind sie eine großzügige Freifläche, die wie ein Garten genutzt werden kann.

1. Rang
Projekt 08 Teilnehmergemeinschaft

WUP
Wien
Gegründet 2014
wup-architektur.com

FCP FRITSCH, CHIARI UND PARTNER
Wien
Gegründet 1995
fcp.at

Raphaela Leu, Wenzel Witt-Dörring, Caroline Husty, Allen Zwatzl, Aimee-Beatrice Timircan, Attila Jung, Kristina Kraml

Projektbeurteilung (Juryprotokoll)

Das Projekt überzeugt durch seine ganzheitliche, klare und integrale Durcharbeitung. Die Baukörper werden in zwei­ und dreigeschoßige Kuben aufgelöst, in die ein offener Raum eingeschoben ist. Damit entsteht eine selbstverständliche und attraktive Gliederung der Gebäudemassen. In den Einzelbaukörpern werden die Wohnungen um diesen offenen Raum, die „Gemeinschaftsbassena“, organisiert.

Der Vorschlag dieses Elements als Ort der Inter­aktion für die Stockwerksgemeinschaften, wo zufällige Begegnungen die Bildung einer Hausgemeinschaft mit zwölf Wohneinheiten unterstützen, ist überzeugend formuliert und wird sehr positiv ge­ sehen. Die Bassena ist teils offen, teils verglast und orientiert sich zu den Erschließungsstraßen. In der Aneignung durch die Bewohner kann jedes Haus seine ganz spezifische Adresse gestalten.

Der Freiraum ist mittels Querwegen und mittiger Grünzone mit langen Pflanzstreifen gegliedert, sodass eine Vielfalt von Raumangeboten geschaffen wird – ausgehend von einem Kinderspielbereich und Selbsterntebeeten im Norden nach Süden. Spielbänder und Pergolen mit diversen Funk­tionen erweitern diese gemeinschaftliche Zone im Freien. Jeder Wohnung ist eine so- genannte grüne Brücke vorgelagert, die im Erdgeschoß als Laube, im 1. Obergeschoß als Terrassenfläche dient und von der warmen Gebäudekubatur entkoppelt ist.

Alle wohnungszugeordneten Freibereiche können ohne Einschnitte in die thermische Hülle einfach und qualitätvoll umgesetzt werden. Funktionen, soziales Konzept, modulare Bauweise, Tragstruktur und Brandschutzkonzept wurden integral und kohärent gemeinsam entwickelt. Außen­ und Innenwände sind als Holzskelettwände ausgeführt, die Decken als Holzhybriddecken. Auf diese Weise wird ausreichend Speichermasse geschaffen und die Decke kann als Flächentemperierungssystem sommers wie winters verwendet werden. Der Stahlbeton wird auf die Bereiche reduziert, in denen er seine Stärken ausspielen kann. Die Wirtschaftlichkeitsparameter des Projekts liegen in einem sehr guten Bereich. Zusätzlich wird auch auf den Rückbau der bestehenden Gebäude eingegangen und die Wiederverwendung von recycelten Materialien angedacht.

Empfehlungen des Preisgerichts:

Vereinfachung des Freiraums, Ver­lagerung der Waschküchen in die Gebäude
„Bassena“: Ausformulierung der Nutzungsmöglichkeiten in Hinblick auf Brandschutz
„Grüne Brücken“: Überprüfung der Größen und Positionen.

WUP architektur

WUP architektur wurde 2014 in Fort führung des Architekturbüros Helmut Wimmer gegründet. Geschäftsführer sind Bernhard Weinberger (Bild links) und Andreas Gabriel. „Herzblut“ des Büros ist der großvolumige kollektive Wohnbau, basierend auf konzeptiven Ansätzen und dem unbedingten Anspruch ihrer Umsetzbarkeit und (dauerhaften) Bewährung in der Praxis. Der Fokus liegt dabei stets auf dem Gebrauch des Gebäudes und dem Nutzen für die Bewohner.

Wettbewerbsgewinne:
• Bauträgerwettbewerb Podhagskygasse III, Bauplatz B, 1220 Wien – Ausgabe 352 – 5/ 2020
• Bauträgerwettbewerb OASE 22+, Bauplatz B, 1220 Wien (gemeinsam mit g.o.y.a. ZT GmbH) – Ausgabe 336 – 1/ 2018

WUP architektur
Wien / Gegründet 2014
wup-architektur.com