346 Wettbewerbe realisiert Projekte

Strukturell weiterentwickelt

© Kurt Kuball
Die neu errichtete Auskragung erlaubt einen wetter­geschützten Aufenthaltsbereich und Zugang zur Schule.
© Kurt Kuball

Bundesschulzentrum Amstetten HAK & HLW / Urmann Radler Architekten

Das Bundesschulzentrum (BSZ) Amstetten, in dem eine HBLAW und eine HAK/HAS untergebracht sind, besteht seit dem Jahr 1981. Eine Erweiterung und Modernisierung waren dringend notwendig. Der Landes­schulrat für Niederösterreich lobte deshalb im Jahr 2013 auf der Suche nach einem Generalplaner einen EU-weiten Realisierungswettbewerb mit Verhandlungs­verfahren aus. Die Jury unter Vorsitz der Architektin Irene Ott-Reinisch kürte den Entwurf der Linzer Architekten Martin Urmann, Heinrich Radler und Rudolf
Kowatsch zum Siegerprojekt.

Das alte Amstettner Schulzentrum, inmitten eines heterogenen Umfelds mit Einfamilienhausbebauung, Geschoßwohnbau, Schul- und Sportbauten sowie Gewerbehäusern, war ein Kind seiner Zeit, ein ­unruhiger Baukörper mit städtebaulichen Mängeln. An diesem Punkt setzten die Architekten an und nahmen die bestehende pavillonartige Struktur auf, ordneten sie und entwickelten sie in einem rechteckigen Umriss durch richtungsmäßig unterschiedlich gesetzte Zubauten weiter. Trotz Erhalts des Großteils der bestehenden Baumasse entstand durch das Einbeziehen der durch die Zubauten gebildeten Außenräume ein kompaktes und klar ablesbares modernes und zeitgemäßes Gebäude.

Wie ein Dorfplatz
Den größten Eingriff in die Bausubstanz stellte der Abbruch und die Neupositionierung der Hauptstiege dar, die die ungehinderte Durchsicht und Öffnung zum Außenraum verhinderte. Funktionell erhielt die neu gestaltete Schule, bestehend aus einer dreigeschoßigen Handelsakademie (HAK) mit Handelsschule (HAS) sowie einer zweigeschoßigen Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe (HLW), durch die Neu­gestaltung des zentralen Stiegenhauses im Erdgeschoß und die an dieser Stelle angeordneten Gemeinschaftsräume eine neue, vielfältig nutzbare Mitte. Ähnlich einem Dorfplatz sind Buffet und Mehrzweckräume so zusammengefasst, dass sie zu einem großzügigen Veranstaltungs- und Mehrzweckbereich geworden sind. Die Erdgeschoßzone soll in Zukunft ein multifunktional genutzter Bereich werden, der von beiden Schulen autark oder gemeinsam genutzt und bespielt werden kann.

Angebaut wurden ein Klassentrakt in Form einer eingeschoßigen Überbauung des Vorplatzes an der Nordseite sowie ein Trakt der Handelsakademie im Erd- und ersten Obergeschoß in Richtung Osten. Der so entstandene östlich gelegene Innenhof bildet eine räumliche Ergänzung zu den Gangbereichen.

Klare Baukörperlösung
Der Eingangsbereich ist an derselben Stelle wie im Bestand geblieben, wurde jedoch durch einen zusätzlichen auskragenden Baukörper völlig neu gestaltet. Zwei getrennte Eingänge im Windfang schaffen die getrennte Nutzbarkeit beider Schulen und somit auch beider Foyers samt dem jeweiligen Mehrzwecksaal. Die Auskragung erlaubt einen wettergeschützten Aufenthaltsbereich und Zugang zur Schule. In den Obergeschoßen wurden die Klassenräume so angeordnet, dass immer wieder offene Aufenthalts- und Arbeitszonen entstehen. Neben der Bibliothek und den Projekt­räumen gibt es nun großzügige Aufenthalts- und Pausenzonen sowie eine Freiterrasse, die zum großen Hof hin orientiert ist.

Die Gebäudehülle des Bestands wurde thermisch saniert, die alte Klinker- und ­Aluminiumfassade durch eine hinterlüftete, wärmegedämmte Strukturblechfassade ­ersetzt. Fenster und Portale bestehen aus Elementen mit hochwertiger Verglasung. Das neu geschaffene Projekt, so die ­Begründung der Jury, diesen Entwurf zum Gewinner zu erklären, vermittelt eine klare horizontale und vertikale Baukörper­lösung und eine konsequente Durcharbeitung des Grundrisskonzeptes, welches ­gekonnt Außen­räume in die Baumassen eingliedert. Der vom inzwischen als Urmann Radler Architekten firmierenden Büro ­geplante Um- und Neubau hätte bereits im Sommer 2016 begonnen werden sollen, startete aber erst im Juni 2017. Für die ­Umbauphase mussten die beiden Schulen in ein Ausweichquartier übersiedelt ­werden.

Projekt
Bundesschulzentrum Amstetten HAK&HLW, Stefan-Fadinger-Straße 36, 1100 Wien

Bauherr
Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (bmbwf), Bildungsdirektion für Niederösterreich

Generalplanung
Urmann Radler ZT GmbH (Linz), urmannradler.at

Statik
ARGE Wernly + Wischenbart + Partner ZT GmbH (Linz), Ghahremanian²  ZT-GmbH (Linz)

Projektdaten
Grundstücksfläche: 21.875 m2
Bebaute Fläche: 4680 m2
Bruttogeschoßfläche: 14.124 m2

Projektablauf
Wettbewerb 11/2013
Planungsbeginn 01/2015
Baubeginn 06/2017
Fertigstellung 08/2018
Eröffnung 08/2019

Wettbewerbsdokumentation: ARCHITEKTURJOURNAL / WETTBEWERBE 1/2014 (312)

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