Recycling und Upcycling sind das Gebot der Stunde, die Vermeidung sogenannter „grauer Energie“ ist ein zentrales Thema. Inhaltsstoffe sind zwar ein wichtiger Indikator für umweltfreundliche Praxis, jedoch variieren hier Herstellung und Wiederverwendbarkeit. Bei einigen Baustoffen ist der Einsatz für einen weiteren Lebenszyklus offensichtlich. Dazu gehören Metall und Glas in vielerlei Varianten. Der Glasbestandteil Sand wurde in den letzten Jahren immer wieder als überproportional ausgebeutete Ressource genannt. Ein Umdenken ist demnach unausweichlich.
Erstarrte Flüssigkeit
Glas ist eines der ältesten Materialien, das in der Architektur- und Designgeschichte sowohl dekorativ als auch funktional eingesetzt wurde. Der Baustoff gilt als recycelbar, temperaturbeständig und belastbar. Ohne menschliches Zutun entsteht Glas in einem natürlichen Prozess, wenn Quarzsand großer Hitze ausgesetzt wird – etwa bei der Glut von Vulkanausbrüchen oder Blitzeinschlägen. Schon bevor Menschen die Kunst der Glasproduktion erlernten, wurde vor 8000 Jahren der Glaslavastein Obsidian verwendet, etwa als Werkzeug zum Schneiden. Auch Tektit ist ein natürliches glasiges Gestein, das bei Meteoriteneinschlag entsteht und lange Zeit für Schmuck und Gebrauchsgegenstände verwendet wurde. Die beim Einschlag entwickelte Hitze und der hohe Druck verdichtete und schmolz das getroffene Gestein. Sozusagen als Nebenprodukt bildete sich in der Abkühlungsphase das natürliche Glas. Der Zeitpunkt der ersten Glasproduktion wird vor mindestens 3500 Jahren vermutet. Im Vorderen Orient fand man die bisher ältesten Objekte. Möglicherweise geht die Glasproduktion auf den Zufall zurück, dass beim Keramikbrennen Sand mit hohem Kalkanteil schmolz und eine Art Glasüberzug auf den Keramikgefäßen entstand. Die Erfindung der Glasmacherpfeife vereinfachte die Herstellung verschiedenster Hohlgefäße. Im Mittelalter konnte man erstmals dünne Scheiben herstellen. Der Weg zum völlig durchsichtigen Klarglas war zwar noch weit, aber vorgezeichnet. In der Vergangenheit spielte Glas hauptsächlich als Fensterglas oder Designelement eine Rolle, etwa bei den bunten Kirchenfenstern gotischer Kathedralen. Als großflächiges Gestaltungselement gewann es ab dem 19. Jahrhundert an Bedeutung.