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Wiener Bauidentität unterm Bagger

© Georg Scherer
Abriss eines Gründerzeithauses (Krieglergasse 12) – trotz Schutzzone im Hundertwasser-Viertel.
© Georg Scherer

Stadtbekannt ist: Abriss und Neubau lohnen sich mehr als Sanierung. Auch Touristiker weisen aber stets darauf hin: Zum Wiener Stadtbild gehören vor allem auch die Zeugnisse der Gründerzeit. Wie kann es also sein, dass allzu oft erhaltenswerte Altbauten trotz Erhaltungswürdigkeit abgerissen werden?

von: Rudolf Preyer

Was haben die Stadtbahngebäude von Otto Wagner, das Raimundtheater, der Margaretenhof, das Biedermeierensemble am Spittelberg, die Secession, das Künstlerhaus, das Palais Ferstel und das Semperdepot gemeinsam? Antwort: Allesamt wären um ein Haar abgerissen worden. Architekturkritiker Friedrich Achleitner wusste schon 1963, dass „die Zerstörungsarbeit an unseren Baudenkmälern das Ausmaß der Kriegszerstörung schon längst übersteigt“. Jahrzehntelang durfte nach Belieben schützenswerte Bausubstanz demoliert werden – offenbar hat niemand laut „Halt!“ gerufen.
Nach einer Umfrage der „Architects for Future“ gehören zu den Hindernissen beim Bauen im Bestand – was exakt das kultivierte Gegenteil des barbarisch sinnlosen Abreißens ist – in die Riege der „Top 10 Hemmnisse“: Kostenrisiken für Auftraggeber, Bauteil-Brandschutzforderungen nicht erfüllt im Bestand, fehlendes ökologisches Bewusstsein, Fluchtwegbreiten nicht realisierbar usw. Der Bau als wirkmächtigster Verursacher von CO2-Emissionen bewirkt exakt diese – quasi unter kommunaler Aufsicht.

„Last-Minute-Abrisse“
An und für sich gelten ja in Wien seit Juli 2018 strengere Regeln für den Abriss von Gründerzeithäusern. „Für eine moderne und wachsende Metropole wie Wien ist es wichtig, dass wir das Stadtbild und unsere schönen, historisch gewachsenen Grätzl bewahren. Das ist uns bisher sehr gut gelungen – in keiner anderen Stadt in Europa gibt es so viele Gründerzeithäuser wie in Wien“, meinte damals die Wiener Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal. Als diese „verschärfende Absicht“ der Stadt Wien unter Hauseigentümern ruchbar wurde, kam es an vielen Orten der Bundeshauptstadt zu hastigen „Last-Minute-Abrissen“. Nachdem sich diese „Demolierwut“ gelegt haben dürfte – insgesamt darf man schon davon ausgehen, dass einige Schleifungen doch gestoppt werden konnten –, darf gehofft werden, dass Wiens schönste Seiten cum grano salis erhalten bleiben. Vor 1945 errichtete Gebäude müssen nunmehr jedenfalls auf ihre Erhaltenswürdigkeit geprüft werden. Dafür ist in Wien die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) zuständig.
Nicht immer sind die Bauten schützenswert, aber der Eindruck, dass Spekulanten mehr oder weniger „freie Hand zum Abriss“ haben, ist leider nicht von der Hand zu weisen, streift man mit wachen Sinnen durch die Stadt. Sieht man sich manche der Neubauten an, die anstatt der abgerissenen Gründerzeithäuser entstehen, muss man sich mitunter schon wundern: Da gibt es sehr oft wirklich keinen Sinn für das Stadtbild, für ein harmonisches Fassadenbild oder für Proportionen.

Eine besonders perfide Schleifung
Ein prononcierter Kritiker kopfloser Haus­abrisse ist Georg Scherer. Mit seinem Blog „WienSchauen.at“ lehrt er Bauträgern und Politikern das Fürchten. Scherer: „Wer in Wien nach der politischen Zuständigkeit für Architektur fragt – ich habe es probiert –, erhält keine Antwort. Versuche, mit jemandem in der Stadt über Gestaltungsprinzipien für das letzte große Neubauareal, den Nordwestbahnhof, zu sprechen, sind ebenfalls ins Leere gelaufen. Niemand ist zuständig oder es interessiert niemanden.“
Als Beispiel für eine „perfide Schleifung“ fällt ihm der Abriss eines Gründerzeithauses in der Ortsbild-Schutzzone im 3. Bezirk, Krieglergasse 12, ein. Unweit der touristischen Architekturikonen Kunsthaus und Hundertwasserhaus gelegen, hat das Grätzel auch viele alte Häuser aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert zu bieten. Dort ein Abriss? In einer Schutzzone? Ein No-Go, müsste man meinen.

Es geht auch anders
Die Probleme mit Abrissen dürfen aber nicht davon ablenken, dass in Wien auch sehr viel saniert werde, gibt Scherer zu. Vereinzelt werden dabei sogar historische Fassaden anhand der Originalpläne rekonstruiert, etwa am Gaudenzdorfer Gürtel im 12. Bezirk. Eine „zukunftsweisende Sanierung mit Dachausbau“ laufe wiederum gerade in der Bernardgasse im 7. Bezirk, wo eine Wärmepumpe eingebaut wurde und Fassadenbegrünung geplant ist. Altbauten lassen sich so auch energetisch nachrüsten. Zusammen mit neuen Fenstern und eventuell einer Innendämmung lässt sich so ein hoher Standard erreichen, ohne gegliederte Fassaden zu zerstören.
 Gleich drei Altbauten nahe Mariahilfer Straße und Westbahnhof stehen vor dem Abriss. Dabei sieht die Magistratsabteilung für Architektur (MA 19) die Häuser als erhaltenswert an. Trotzdem hat die Baubehörde (MA 25) den Abriss erlaubt. Was müsste sich hier ändern? Scherer: „Eine Lösung besteht darin, den Bebauungsplan für schutzwürdige Gebäude so anzupassen, dass ein Erhalt mit maßvoller Erweiterung – zum Beispiel ein Dachausbau – möglich bleibt, ein Totalabriss aber unattraktiv wird. Angaben für Obergrenzen bei Geschoß­zahlen statt starrer Bauklassen wären auch denkbar.“ Auch könnten Umbauten samt Neufassadierungen der Vorzug gegenüber Totalabbrüchen gegeben werden. So ließen sich auch „Bausünden“ der Vergangenheit rehabilitieren.

Bauträger-Gutachten als schlechter Witz
Nochmals: Was müsste sich politisch ändern, sodass Abbrüche wahrer Kultur­schätze verunmöglicht werden? Scherer: „Es muss auf der Ebene von Bund und Ländern zugleich angesetzt werden. Im Bund beim Denkmalschutz: Einerseits fehlt es dem Denkmalamt an Personal, um rasch neue Objekte unter Schutz stellen zu können. Andererseits gibt es bisher keine rechtlichen Möglichkeiten, um Verfall zu verhindern.“ Und weiter: „Sinnvoll wäre es, könnten ganze Häuserensembles einfacher unter Denkmalschutz gestellt werden, zum Beispiel Stadt- und Ortskerne. Vielleicht ließe sich das Denkmalschutzgesetz an­passen, um etwa Häuser in Zonen des UNESCO-­Weltkulturerbes und deren weiterer Umgebung schützen zu können.“ Im Mietrecht müsste die strikte Trennung von Alt- und Neubau beendet werden, die den Altbau gegenüber dem Neubau benach­teiligt und so Abbrüche fördert. Viele Gebäu­de, die schon fünfzig Jahre oder älter sind, zählen rechtlich auch immer noch als „Neubauten“. Ein neues Mietrecht könnte für jedes Gebäude ab einem gewissen Alter – zum Beispiel vierzig Jahre – Grenzen für Mieten festlegen. Für gut sanier­te und aufwendig zu erhaltende Altbauten müssten Zuschläge möglich sein, so Scherer.

Fokus: Sanierung und Umbau
In Wien sollten die Verfahren zur Abbruchreife jedenfalls „dringend reformiert“ werden. Der Mastermind von WienSchauen.at: „Dass sich die Behörden alleine auf von Bauträgern eingebrachte Gutachten verlassen, ist ein schlechter Witz. Was soll man sich von Gutachten erwarten, die von jenen beauftragt werden, die Häuser abreißen wollen?“ Die Behörden müssten gesetzlich verpflichtet werden, ein zweites Gutachten einzuholen. Nur zweifelsfrei unsanierbare Häuser sollten abgebrochen werden dürfen. Um zu verhindern, dass es überhaupt zu einem schlechten Bauzustand kommt, müsse auch bei der Erhaltungspflicht nachgeschärft werden. Kurzum: Abriss und Neubau sollten zur Ausnahme werden. Sanierung und Umbau müssten attraktiver werden.

Transparenz sieht anders aus
Stichwort „Einfallstor wirtschaftliche Abbruchreife“: Konnte vor 2018 die „technische Abbruchreife“ als Hauptgrund für einen Abbruch geltend gemacht werden, ist dies heute in den meisten Fällen die sogenannte „wirtschaftliche Abbruchreife“. Immer wieder werden Gebäude zum Abbruch freigegeben, weil die Mittel aus dem Altstadterhaltungsfonds nicht ausreichen. Um zu wissen, wie groß der Altstadterhaltungsfonds tatsächlich sein müsste – wie viel Geld also fehlt –, müssten zuerst zwei Summen bekannt sein: Erstens die Summe aller Ansuchen auf Förderungen für Renovierungen. Zweitens alle Fehlbeträge auf die Wirtschaftlichkeit, die in Abbruchverfahren auftauchen. Bei Abbruchverfahren kommt dem Altstadterhaltungsfonds nämlich eine besondere Bedeutung zu, wo er oft der „letzte Strohhalm“ für gefährdete Gebäude ist. Für die Öffentlichkeit ist aber nicht transparent, warum manchmal Zuschüsse gewährt werden, manchmal aber nicht. Dabei darf nicht vergessen werden: Der Altstadterhaltungsfonds ist eigentlich nicht dafür eingerichtet worden, um Häuser in Abbruchverfahren zu retten. Er sollte eigentlich bloß die Sanierung von historischen Gebäuden unterstützen.

Initiative Denkmalschutz: Herbert Fux’ Andenken hochhalten
Die im Andenken an den Altstadtschützer Herbert Fux gegründete Initiative Denkmalschutz (ID) fordert Transparenz und Informationszugang für alle Bürger sowie Parteistellung für NGOs in allen baurechtlichen Verfahren ein, die das öffentliche Interesse im Sinne der Stadtbilderhaltung und des Kulturgüterschutzes betreffen: „Es ist (noch) nicht vorgesehen, dass die Bezirke Stellung­nahmen von den Bürgern erhalten.“ So haben etwa in der Schweiz NGOs in puncto Denkmalschutz Parteienstellung. Siehe auch Transparency International, das Öster­reich in Bezug auf Transparenz, nun, sagen wir es euphemistisch, kein gutes Zeugnis ausstellt.
Allzu oft werden laut ID-Vorstandsmitglied Markus Landerer Bewilligungen für erhaltenswürdige, historisch bedeutende Gebäude erteilt, obwohl die zuständige MA 19 die Erhaltungswürdigkeit festgestellt hat (zum Beispiel 2020 die Bewilligung zum Abbruch des historischen Klinikgebäudes der ehemaligen 1. Medizinischen Klinik in der Lazarettgasse 14 beziehungsweise am Lazarettgassenweg im 9. Bezirk). Hier müsste bei Feststellung „öffentliches Interesse“ durch die MA 19 diesem Faktum Vorrang gegeben werden vor der Entscheidung der MA 39 auf Erteilung der Abbruchbewilligung, so Landerer. Auch ortet er eine „fehlende Kommunikation zwischen der Baupolizei und dem Bundesdenkmalamt“. Landerer: „Die Baupolizei in Wien ist eine Blackbox.“ Und auch müsste es im Hinblick auf das (absichtliche) Verfallenlassen eine Verschärfung im Sinne des Stadtbildschutzes und der Altstadterhaltung geben.
Ein weiteres Betätigungsfeld der Initiative Denkmalschutz stellen die Änderungen der Flächenwidmungs- und Bebauungspläne dar, die meist unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit erfolgen. In einer Stellungnahme zur Bauordnungsnovelle 2018 heißt es schließlich seitens der ID: „Das Mietrechtsgesetz diskriminiert Eigentümer von Altbauten (erbaut vor 1945), die denkmalgerechte Restaurierung ist aufwendiger, und schlussendlich können allzu oft die Flächenwidmungs- und Bebauungspläne Abrisse fördern.“

Gründerzeithäuser: vergessen und verfallen
Matthias Haber, Partner bei Hild und K Architekten in München und Berlin, machte sich in einem „Standard“-Artikel von Wojciech Czaja unter dem Titel „Abbrüche von Gründerzeithäusern: Wiener Identität droht zu verschwinden“ Luft: „Abbrüche und Neubauten, die einzig und allein ökonomisch motiviert sind und alle anderen Aspekte ignorieren, sind aus baukultureller und ökologischer Sicht abzulehnen. Diese Abrisse müssen gestoppt werden.“ Egal ob sein Architekturbüro neu baue oder sanie­re, so Hild: Die eigene Arbeit werde stets als Bauen im Bestand verstanden, „denn im städtischen Kontext ist man immer von Bestand umgeben“.
Angelika Psenner, Professorin für Stadtstrukturforschung an der TU Wien, weist in diesem Zusammenhang auf den Aspekt der Erdgeschoßgestaltung hin: Die meisten Neubauten bestehen im Erdgeschoß heute aus Haustor, Garageneinfahrt und Zugang zum Müllraum. Damit sei das Erdgeschoß vielerorts „monoton und unbelebt“. Die wenigen Erdgeschoßlokale, die man finde, stehen entweder leer oder werden als gewerbliche Storage-Räume genutzt. Haben sich in den 1990er-Jahren noch Kreative – etwa Architekten – im Erdgeschoß eingemietet, finde man heute dort immer häufiger Arztpraxen. Kurzum: Das Erdgeschoß sei eine Raumressource für künftige Nutzungen, „die wir uns heute vielleicht nicht einmal noch vorstellen können“, so Psenner, die bekräftigt: „2,50 Meter Raumhöhe im Erdgeschoß ist ein No-Go!“

Erörterungsbedürftiger Facettenreichtum
Wie betreibe ich etwa auch ein Zinshaus nachhaltig? Wolfgang und Renate Achtsnit, die nun tatsächlich – mit ihrem gleichnamigen Architektenbüro – Erfahrung mit der Sanierung von historischen Juwelen haben (beispielsweise mit den Generalsanierungen des Palmenhauses in Wien, eines denkmalgeschützten Wohnbaus in Baden, eines ehemaligen Klosters in 1140 Wien), weisen im Gespräch mit diesem Magazin darauf hin, dass man sich durchaus – von Fall zu Fall – ansehen müsse, wie ein Gebäude im Ensemble wirkt. Klar sei: Die historische Substanz sei „so weit wie möglich“ zu erhalten. In puncto Nachhaltigkeitsgedanken habe das Architekten-Ehepaar aber von Zinshausbesitzern schon erfahren, dass diese zwar investieren wollten – in eine Photovoltaikanlage am Dach etwa oder auch in eine innovative Heizmethode –, dass aber diese Vorhaben oft nicht allein aus (verständlichen) denkmalschützerischen Gründen unmöglich waren, sondern oft auch an technischen Problemen scheiterten. Kurzum: Dem Thema Alt- vs. Neubau beziehungsweise Sanierung vs. Abriss müsse man schon, so Wolfgang und Renate Achtsnit, einen erörterungsbedürftigen Facetten­reichtum zugestehen.

Nachhaltigkeit ist rentabel
Um den ESG (Environment, Social, Governance)-Anforderungen in der Immobilienbranche gerecht zu werden, sind Gebäudedaten essenziell. Bei Neubauten sieht Michael Jelencsits, Leiter der Engineering-­Beratung bei Drees & Sommer Österreich, eine gute Ausgangslage, bei Bestandsgebäuden gelte es, „die derzeit günstigen Voraussetzungen“ zu nutzen. Bis 2050 sollen in der EU die Netto-Emissionen der Treibhausgase auf null sinken, so sieht es der European Green Deal vor. Die ESG-Anforderungen sind ein wichtiger Baustein dazu. Für den Immobiliensektor, auf den aktuell rund 40 Prozent des EU-weiten Energieverbrauchs entfallen, bedeutet das Handlungsbedarf. Bei Neubauten blickt man in der Branche zuversichtlich in die Zukunft, da durch Building Information Modeling (BIM) und die Verwendung digitaler Plattformen zur Dokumentation von Gebäudedaten entsprechende Informationen von Beginn an vorliegen. Bei Bestandsgebäuden gelte es, diese Daten nun im Nachhinein zu erheben. „Das gestiegene ökologische Bewusstsein generell sowie die aktuellen Energiepreisentwicklungen tragen dazu bei, dass bei Eigentümern und Nutzern das Interesse an diesen Daten steigt“, stellt Jelencsits fest.
Um den ökologischen Fußabdruck von Bestandsgebäuden zu reduzieren, werden zuerst mit einem Energiemonitoring Energieverbrauch und CO2-Emissionen gemessen. Technisch ist das zum Beispiel mit Sensoren und Smart-Building-Komponenten zu lösen. Die erhobenen Daten müssen dann allen, die an der Umsetzung der ESG-Anforderungen arbeiten, zugänglich sein. Die ausgewogene Balance zwischen Datenschutz und Datennutzung sowie die Themen Denkmalschutz und Baurecht seien zwar noch Bereiche, die an ESG „angepasst“ werden müssten. Doch für Jelencsits ist klar: „Nicht nur sind die ESG-Bestimmungen unumgänglich, Nachhaltigkeit rentiert sich auch finanziell. Die Einsparungskosten etwa im Bereich Energie überschreiten die Sanierungskosten mittelfristig deutlich.“ Vonseiten der Architects for Future heißt es bemerkenswerterweise dazu: „Nicht nur werden wertvolle und schwindende Ressourcen bei einem Abriss und Neubau verschwendet, sondern auch bedeutend mehr Energie. Bei der Betrachtung der Energiebilanz des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes fällt auf, dass durch die Bewertung von grauer Energie eine Sanierung jedem Neubau, selbst dem von Passivhäusern, vorzuziehen ist.“

BIM auch im Altbau
Matthias Ortner vom auf die Immobilienbranche spezialisierten Beratungsunternehmen Advicum sieht die Diskussion differenziert: Aus ökonomischer Sicht sei es für den Eigentümer zweifelsohne angeraten, einen Altbau abzureißen, man falle dann nicht mehr unters Mietrechtsgesetz (MRG). Außerdem spricht er amüsiert die Thematik „Hinterholz 8“ an: Im Grunde wissen Eigentümer oft nicht: „Welche – historisch gewachsenen – Baumängel stecken in ihrem Haus?“ Andererseits, und hier spricht Ortner die emotionale Seite des Problems an: „Fragen Sie die Touristiker: Wien lebt von seinem Stadtbild.“ Aus makroökonomischer Sicht wäre Wien gut beraten, genau zu überlegen, wo abgerissen werden dürfe und wo nicht. Überdies empfiehlt er, vor allem auch Altbauten mit einem BIM-Monitoring auszustatten: „Eigentlich müsste man meinen, dass dies schon Branchenstandard wäre.“ In weiterer Folge ließen sich ganze Hauszeilen, ja Stadtteile energetisch mit Realdaten einmessen. Insgesamt empfehlen sich auch Fördermaßnahmen für Smart Metering, so Ortner.
Abschließend sei auf den Architekten Markus Swittalek verwiesen, der in seinem Buch „Das Gründerzeithaus“ schreibt: „Die umsichtige Planung, die gute Bauqualität und die Verwendung nachhaltiger Bau­stoffe ermöglichten eine hohe Nutzungs­flexibilität und machen die Gründerzeit­häuser außerdem nachhaltig.“ 

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