367 Interior Design

Gebaute Zukunft

© Koy + Winkel Fotografie (3)
Eine Vielzahl an Lounges erweitert die Möglich­keiten, wie und wo gearbeitet werden kann.
© Koy + Winkel Fotografie (3)

Die Pandemie hat etwas gemacht mit den Menschen. Und das ist nicht nur negativ gemeint. Sie hat vor allem viele zu einem neuen Bewusstsein und zum Umdenken bewogen – privat und auch beruflich.

von: Barbara Jahn

Gerade in der Bürowelt hat sich vieles auf den Kopf gestellt. Dass man Krisen positiv nutzen kann und soll, ist keine Frage mehr. Das Potenzial, das man daraus schöpfen kann, ist der Motor der Zukunft, ohne den es wahrscheinlich nur Stillstand gäbe. Das Berliner Kreativstudio toi toi toi alias T3 gestalte­te für das Tech-Unternehmens Con­tent­ful in Berlin dessen neue Büroflächen in einem frisch errichteten Gebäude. Mit klarem Fokus auf die Spielregeln des New Work und viel Platz, nämlich stattlichen 8000 Quadratmetern, konnten sich Melissa Amarelo und Stephanie Lund mit ihrem inklusiven Gestaltungsansatz so richtig austoben. Ihre Chance, ein Exempel zu statuieren und wegweisend zu planen, haben die beiden Interiordesignerinnen richtig genutzt. So ging es ihnen bei ihrem Entwurfsansatz vor allem darum, die Konstruktion mit als nachhaltig bewerteten Materialien und Vintage-­Stücken zu ergänzen, um agile Räume mit einem neuen Standard zu schaffen. Bereits 2018 hatten sie dies für den gleichen Auftraggeber in dessen erstem Workspace – einer alten Fabrik – umgesetzt. Diesmal war das Projekt zehn Mal so groß.

Größer und weiter denken
Allem voran gingen zahlreiche Workshops mit den Mitarbeitern, die T3 durchführte, um zu verstehen, wo die Bedürfnisse liegen und wie welcher Raum genutzt werden soll. Die Einbeziehung ging sogar bis zur Benennung der unterschiedlichen Räume oder einzelner Geräte. So weit, so gut. Aber dann kam die Pandemie und so wurde schon während der Planungsphase umgedacht. Es galt, ab sofort Arbeitsräume zu schaffen, in denen sich die Mitarbeitenden vernetzen und sicher fühlen können, die zugleich aber auch geeignet sind für Remote-Work und virtuelle Meetings, um jedem Teammitglied völlige Flexibilität zu bieten. Diese spiegelt sich in unterschiedlich großen Besprechungsräumen sowie Team-/Projekträumen mit flexibler Möbelanordnung wider. „Wir haben besonderes Augenmerk auf die Teamräume gelegt. Da das Unternehmen ständig wächst, ermöglicht unser Entwurf hohe Flexibilität dank einer Vielzahl von Grundrissen für agiles Arbeiten und Mehrzwecknutzungen“, so die Designerinnen.

Auf dem Weg sein
Dass man hier dem technischen Fortschritt seinen angemessenen Platz einräumt, ist nicht zu übersehen: Interaktive Zoom-Bildschirme in jedem Raum und ein interaktives Kanban-Whiteboard garantieren eine vielseitige Nutzung. Offene Arbeitsbereiche mit modularer Bestuhlung für die Zusammenarbeit im Team wechseln mit ruhigen Bereichen für konzentriertes Ar­beiten ab. Akustische Kabinen, gestaltete, persönliche intelligente Schließfächer sowie individuell einstellbare Beleuchtung, Sonnenschutz, Fokuszonen oder spezielle akusti­sche Maßnahmen: All das sorgt für störungsfreie Arbeitsabläufe, aber auch für Wohlbefinden, Privatsphäre und Ruhe. Einen zusätzlichen Mehrwert schafft das hauseigene Ritter Café, benannt nach der Adresse des ehemaligen Büros. Hier lässt sich eine Tischtennisplatte für eine Besprechung umwandeln, maßgeschneiderte Lounge­-Sitz­gelegen­heiten, Essgruppen, Sofas und Sessel sowie große Gemeinschaftstische laden zum gemeinsamen Aufenthalt ein. Auch hier ist es wieder die Flexibilität, die für eine variantenreiche Bespielung sorgt und unterschiedliche Nutzungen ermöglicht, die keiner konkreten Definition bedürfen.
Bei der Einrichtung kommt klar der Nachhaltigkeitsgedanke auf seine Rechnung: Dafür wurden Möbel aus dem früheren Büro aufgearbeitet und wieder neu eingesetzt. Für die Beleuchtung hat man alte DDR-Industrie-Wandleuchten aus den 1960er- und 1970er-Jahren montiert und so das Alte mit dem Neuen verbunden. Die Bodenbeläge sind aus ausrangierten, recycelten Fischernetzen aus der Nordsee oder aus Biopolymer, genannt Bcrete. Das Akustikdeckenspray ist aus recyceltem Denim und Cradle-to-Cradle-zertifiziert, die Akustikpaneele hingegen bestehen zu 100 Prozent aus recycelten Plastikflaschen. Die verwendeten Camira-Stoffe sind entweder aus nachwachsenden Rohstoffen und kompostierbar oder aus recyceltem Post-Consumer-Polyester. Nicht zuletzt wurden lokale Produkte, Lieferanten, Handwerker und Start-ups, die sich für nachhaltige Praktiken engagieren, bevorzugt für dieses Projekt verpflichtet. „Es ist uns sehr wichtig, nachhaltige Materialien in unsere Projekte einzubringen. Für das Café wählten wir eine Farbe, die das meiste Licht reflektiert und sich für eine eher industrielle Hülle eignet, die die Energie des alten Büros aufgreift.“

Individualität und Alleinstellungsmerkmale
Um nach der Pandemie die Menschen wieder verstärkt dazu zu bewegen, zum Arbeiten ins Büro zu kommen, und sie von der Qualität des Aufenthalts zu überzeugen, ist Einfallsreichtum gefragt. Aber auch daran mangelte es bei diesem Projekt nicht. So gibt es im Erdgeschoß einen Yoga-/Wellnessbereich, eine attraktive Außenfläche mit Sitzgelegenheiten sowie individuell gestaltete Kapseln mit Chromatherapie für eine entspannende Auszeit – unterm Strich eine wertvolle Einrichtung für ein internationales Unternehmen, dessen Mitarbeiter oft zwischen den Kontinenten pendeln. Nicht zuletzt sind es die sogenannten EoT‘s, Einrichtungen für die Endnutzung, die für ein besseres Nutzererlebnis sorgen: Fahrradabstellplätze, intelligente Schließfächer, Duschen und programmierbare Lautsprechersysteme für die Waschräume, die jeden Toilettengang mit einer anderen Musik zum Highlight machen.

Verantwortung übernehmen
Viele Gedanken um die Zukunft des Büros gemacht hat sich auch Entwicklerin Immofinanz, die gerade dabei ist, ihre innovative Office-Marke um ein besonders fortschrittliches Angebot auszubauen. Mit myhive Urban Garden am Wienerberg werden nicht nur Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt. Auf rund 17.600 Quadratmetern soll die perfekte Balance zwischen Arbeit und Freizeit, zwischen Erfolg und Erholung, zwischen wirtschaftlicher Ambition und nachhaltiger Verantwortung gelingen. Das Ganze als Office-Landschaft, die als „Arbeits­alltag-Detox-Programm“ entwickelt wurde, um Stressfaktoren für Menschen, Unternehmen und Umwelt gar nicht erst aufkommen zu lassen. „Bei myhive Urban Garden stehen die Bedürfnisse von Menschen im Mittelpunkt, mit maximaler Effizienz und viel ­Liebe zum Detail. Damit schaffen wir für unsere Mieter und deren Mitarbeiter eine Office-Oase, in der Life und Work wirklich in Balance kommen und sie gleichzeitig Ressourcen schonen“, sagt Katrin Gögele-­Celeda, Immofinanz Country Managerin Austria & Adriatic. Die Zutaten zum Projekt, das nach der Fertigstellung im Rahmen der BREEAM-Zertifizierung das Prädikat „outstanding“ erhalten wird: benutzerfreundliches Design, flexible Grundrisse und durchdachte Allgemeinbereiche für eine individuelle Zusammenarbeit, hochwertige Materialien und Services, die die Kreativität und das Miteinander der Teams fördern, dazu eine Grün­fassade für ein angenehmes Mikroklima und mehr Biodiversität, großzügige Terrassenlandschaften und eigene Balkone mit Blick ins Grüne. Die Büros werden ab September 2023 übergeben. 

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